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die französische Juryverfassung war, die der Verfasser als zeitlich
und räumlich nächstes praktisches Beispiel eines Schwurgerichts vor
Augen hatte. Sie war es auch, deren Uebertragung auf Deutsch-
land, wenigstens in den wesentlichsten Grundzügen, von den Lob-
rednern des Jurygedankens gefordert wurde. Das englische Beispiel
lag ferner und machte auch politisch bei weitem nicht so viel von
sich reden wie das französische.
FEUERBACH, der die Schwurgerichtsfrage einen „großen und
würdigen Gegenstand“, ein „in so vielfältigen Beziehungen äußerst
wichtiges Thema“ nennt, entwickelt zunächst den Begriff und die
Grundidee der Jury. Er meint, der Begriff eines Geschworenen-
gerichts könne nicht anders als nach politischen Ansichten bestimmt
und entwickelt werden; denn nur Ideen der Staatsweisheit seien
es, aus denen sich bei allen Völkern die Einrichtung der Ge-
schworenengerichte ergeben, wodurch sie sich befestigt und nach
denen sie sich ausgebildet habe. Als Grundidee einer jeden Jury
bezeichnet er folgendes: „Die vollstreckende Gewalt solle über
keinen Untertan eine Strafe an Freiheit oder Leben verhängen
dürfen, außer über denjenigen, welcher zuvor von seinen unpar-
teiischen Mituntertanen der angeklagten Tat für schuldig erkannt
worden ist“, in Anlehnung an den Satz der englischen Magna
charta: „Nullus liber homo capiatur, vel imprisonetur, aut exulet
aut aliquo alio modo destruatur, nisi per legale iudicium parium
suorum vel per legem terrae.“
Dieses Geschworenengericht, als dessen wesentliche Erforder-
nisse FEUERBACH auch die Unmittelbarkeit und Mündlichkeit der
Verhandlung bezeichnet, muß, wenn man die Begeisterung, die
es hervorrief, recht verstehen will, in Gegensatz gestellt werden
zu dem alten Inquisitionsverfahren, von dem der Prozeß jener
Zweit beherrscht wurde. Aus dieser Stimmung heraus schildert er
die Schwurgerichte, wie sie sich in den Köpfen ihrer Anhänger
malen, mit dem dunklen Hintergrunde der alten Gerichtshöfe:
„Jene stehen da als ein herrliches Kunstwerk, einfach und groß,