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Es ist nur folgerichtig, wenn FEUERBACH in der Verteidigung
eine unzulässige Beeinflussung der Geschworenen erblickt. Die
Erörterung von Rechtsfragen, so meint er, die die Einwendungen
des Angeklagten betreffen, die Unterstützung des Angeklagten
“bei der Abhörung von Zeugen, der Hinweis auf die zur Entlastung
dienenden Umstände vertragen sieh nicht mit dem Grundgedanken
des Geschworenengerichts. „Alle förmlichen Deduktionen eines
Verteidigers über das Faktum selbst, über die Ausführung des
Beweises, über das Gewicht der gebrauchten Beweismittel; alles
dieses und Aehnliches ist nur an seiner Stelle vor den Schranken
eines gelehrten Richters. Denn zu einem Geschworenengericht sollen
bloß die Tatsachen sprechen, rein von jedem Zusatze der Kunst,
in der einfachen Wahrheit der Natur.“ Anderenfalls „wird der
gewandte, mit den Waffen der Gelehrsamkeit bewehrte und auf
trügende Ueberredung, nicht auf wahre Ueberzeugung ausgehende
Verstand mit einem einfachen, unvorbereiteten, unausgerüsteten
Verstande in einen Kampf geführt, in welchem alle Vorteile auf
Seiten des ersten, alle Nachteile auf Seiten des letzten sind.“
Die Rechtsbelehrung des Vorsitzenden, dieses Schmerzenskind
jeder Schwurgerichtsverfassung, erscheint auch FEUERBACH schlim-
mer, als die Beeinflussung der &eschworenen durch den Verteidiger.
Wenn es auch dem Vorsitzenden verboten ist, seine Ueberzeugung
auszusprechen, so wird er doch seine persönliche Meinung nicht
verbergen können, und diese wird natürlich den Geschworenen
den allergrößten Eindruck machen: „Durchdrungen von der Wich-
tigkeit eines Gegenstandes, wo das höchste Interesse des Staates
mit dem höchsten Gute der angeklagten Personen im Streite be-
fangen ist, bestellt, über eine Sache zu urteilen, welche außer der
Sphäre ihres eigentlichen Berufes liegt, verschüchtert durch die
Größe des Gegenstandes, mißtrauisch gegen ihre eigene Uner-
fahrenheit, — werden sie, um ihr Gewissen zu beruhigen, nichts
besseres tun können, als sich an die Ansicht des Mannes zu
halten, dem sie bei gleicher Unparteilichkeit den Vorzug höherer
Archiv des öffentlichen Rechts, XXX. 1/2. 15