Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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der Staatslehre des 18. Jahrhunderts. Diese Darstellung hat überdies eine 
Eigenschaft, welche man bei juristischen Werken nicht sehr häufig findet; 
sie ist so fesselnd, daß wer das Buch zu lesen angefangen hat, sich ungern 
von der Lektüre desselben trennt, bis er sie zu Ende geführt hat; mir 
wenigstens ist es so ergangen. Laband. 
Julius Hatschek, Prof. in Göttingen, Die Organisation der mo- 
dernen Volksvertretung (auf Wunsch der Geschäftsordnungs- 
kommission des Reichstags dargestellt). Als Manuskript gedruckt. 
Berlin 1912. 97 S. 
Diese Studie ist ein Teil eines größeren Werkes über die Geschäfts- 
ordnungen der modernen Volksvertretungen, mit dessen Abfassung die Ge- 
schäftsordnungs-Kommission des Reichstages den Verfasser betraut hat. 
Sie betrifft, nach dem Ausdruck des Verfassers, dieäußere Organi- 
sation der Parlamente, d.h. ihre Konstituierung, Präsidenten und Schrift- 
führer und die Bildung von Abteilungen, Komitees und Kommissionen. 
Die darüber geltenden Grundsätze stellt der Verfasser für das englische 
Unterhaus, die französische Deputiertenkammer, das amerikanische Reprä- 
sentantenhaus, die spanischen, italienischen, griechischen, niederländischen, 
belgischen, ungarischen, schwedischen, norwegischen und dänischen Volks- 
vertretungen und das österreichische und preußische Abgeordnetenhaus 
und zwar für jeden dieser Staaten gesondert dar. Dies hat zwar viele 
Wiederholungen zur Folge, bietet aber den Vorteil, die in jedem dieser 
Staaten bestehenden Einrichtungen im Zusammenhange, wenn auch meistens 
nur in kurzer Skizzierung kennen zu lernen. 
Hinsichtlich der Stellung des Präsidenten unterscheidet der Verfasser 
in einer zusammenfassenden Schlußbetrachtung vier Typen. Der erste, 
der aus dem Ständestaat übernommen ist und als Landmarschalltypus be- 
zeichnet werden kann, findet sich in Schweden und in abgeschwächter 
Form in Holland; er besteht in der Ernennung des Präsidenten der Volks- 
kammer durch den Monarchen. Der zweite Typus ist der parlamentarischen 
Verfassung eigen; die Parteiregierung hat sowohl die Besetzung der Prä- 
sidentschaft monopolisiert als auch die vollständige Leitung der Parlaments- 
geschäfte sich angeeignet. Der dritte Typus ist das Sprecheramt in den 
Vereinigten Staaten, welches ein Bindeglied zwischen Regierung und Par- 
lament bildet, es schafft die Parteiorganisation, die sich auch hier der 
parlamentarischen Geschäftsleitung bemächtigt. 
Für uns am interessantesten ist der vierte Typus, den der Verfasser 
in den deutschen Staaten und in Oesterreich verwirklicht findet. Der 
Theorie nach soll der Präsident über den Parteien stehen; er hat aber als 
„Nebenregierer“ eine Konferenz der Parteiführer, den Seniorenkonvent, zur 
Seite, der vom Rechte nicht anerkannt, dennoch wie das englische Minister- 
kabinett (!) in maßgebender Weise Leitung und Lauf der Parlamentsgeschäfte
	        
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