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der ersten Geschäfte und der Präsidentenwahl unter dem Alterspräsidenten
verbunden seien, sagt der Verfasser nicht; in jedem Falle ist die Frage
von äußerst geringer Bedeutung.
Der Verfasser wünscht ferner, daß der Gesamtvorstand „zu einem
Rechtsinstitut“ gestaltet werde; er soll den Präsidenten in der allgemeinen
Verwaltung des Hauses, wozu aber die Leitung der Parlamentsverhand-
lungen nicht gehört, unterstützen. Diese „Unterstützung“ wäre eine Be-
schränkung des Präsidenten, würde ihn zu Verhandlungen mit den anderen
Mitgliedern des Gesamtvorstandes nötigen, deren Zweck nicht ersichtlich
ist, und ihm die Führung seines Amtes nicht erleichtern, sondern er-
schweren! Auch ohne die Gestaltung des Gesamtvorstandes zu einem
„Rechtsinstitut“ ist es dem Präsidenten ja unbenommen, eine Frage
mit den Vizepräsidenten, Schriftführern, Vorsitzenden von Kommis-
sionen und anderen Mitgliedern des Reichstages zu erörtern. Wozu die
Organisation der Volksvertretung so unnötig komplizieren ?
Die Abteilungen scheinen dem Verfasser „vollständig überflüssig zu
sein, worin er vielleicht Recht hat, obgleich sie zur Entlastung des Ple-
nums von Nutzen sein können. Schließlich warnt er vor einer übermäßigen
Entwicklung der ständigen und Fachausschüsse, ausgenommen die Budget-
kommission.
Trotz der Bedenken gegen die Vorschläge des Verfassers auf Ab-
änderung der Geschäftsordnung des Reichstages ist seine Schrift wegen der
Zusammenstellung der Bestimmungen’der ausländischen Geschäftsordnungen
dankenswert. Laband.
Dr. phil. Andreas Heusler, Das Strafrecht der Isländersagas.
Leipzig, Duncker u. Humblot, 1911.
Ein Buch, das man mit stets steigendem Interesse lesen, und auch
dann mit Bewegung beiseite legen wird, wenn man, wie Referent, an sein
letztes Ergebnis nicht glaubt. HEUSLER nimmt Stellung zu dem Gegen-
satz zwischen den juristischen Angaben in der isländischen saga und
denen in der Gragas und kommt dabei zu dem Resultate, ganz in
Widerspruch mit einer jetzt immer mehr hervordringenden Meinung, die
Nachrichten der ersten Quellengruppe für das Ursprünglichere zu halten.
Mag sein, daß er gelegentlich den Gegensatz für tiefer ansieht als er in
Wirklichkeit ist. Denn mancher Unterschied erklärt sich wohl einfach
daraus, daß die saga weit überwiegend nur von ganz schweren Händeln
und außergerichtlicher Erledigung spricht, während das Rechtsbuch die
gerichtliche Erledigung und auch die geringeren Händel in das Auge faßt.
Aber anerkennen muß man den Gegensatz im ganzen doch. Nur fragt
sich, ob HEUSLERSs Lösung zutreffend ist. Das freilich muß von vornherein
zugegeben werden, daß die Art, in der er die Lösung vorbereitet, meister-
haft und auch dann von höchstem bleibenden Wert ist, wenn man das Er-