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Gesellschaft, Recht, Wirtschaft. Seine Einteilung sichert ihm für Teil I
einen geschlossenen Abnehmerkreis und ebenso für Teil I.
In Teil II allerdings müssen wir mit dem Herausgeber streiten. Hier
hätte die Geschichte von Gesellschaft und Staat unbedingt der Geschichte
von Verfassung und Verwaltung vorausgestellt werden müssen. Das bringt
die Lektüre des hier vorliegenden Randes zu vollem Bewußtsein. Auf die
eine große Kulturfrage, welche die Lektüre dieses Bandes aufdrängt, erhält
der Leser keine Antwort: Warum ist der europäische Kulturstaat nicht
ebenso wie der orientalische auf dem Gedanken der Theokratie aufgebaut,
warum ist das orientalische, aber nicht das Deutsche Reich ein theokrati-
sches Erbreich geworden? Die Entwicklung aus dem Geschlechter- und
Kleinkönigstaat ist da und dort gegeben.
Was den Inhalt des vorliegenden Bandes angeht, so liegt ihm folgende
Stoffeinteilung zugrunde: 1. Verfassung und Verwaltung der primitiven Völ-
ker (VIERKANDT), 2. orientalische, 3. europäische Verfassung und Verwal-
tung. Im zweiten Teile (orientalische Verfassung und Verwaltung) wird
behandelt: a) das orientalische Altertum: Aegypten, Babylonien, Assyrien,
Persien, Indien, Israel und Juda, Karthago (von WENGER); b) die Verfas-
sung und Verwaltung der islamitischen Staaten bis zur Gegenwart
(von HARTMANN), c) die chinesische Verfassungs- und Verwaltungs-
geschichte (von FRANKE), ebenfalls einschließlich der Gegenwart, d) ebenso
(von RATHGEN) die Verfassung und Verwaltung Japans. Der dritte Teil
bringt die europäische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte nur zur
Hälfte, nämlich 1. europäisches Altertum (Hellas und Rom) von WENGER,
2. Verfassung und Verwaltung der Germanen und des Deutschen Reiches
bis zum Jahre 1806 von LUSCHIN VON EBENGREU'TH. Aus steht also noch
die nichtgermanische Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte des Mittel-
alters und der Neuzeit und die ganze europäische Verfassungs- und Ver-
waltungsgeschichte seit 1806. Sie scheint O. Hıntze vorbehalten zu sein.
Auf die einzelnen Teile kann nicht näher eingegangen werden. Die
ebenmäßige Darstellung ‘aller Teile der Verfassung und Verwaltung ist
dadurch sichergestellt, daß die Verfasser innerhalb der einzelnen Epochen,
in die sie die Entwicklung einteilen, den Stoff dogmatisch-systematisch zu
ordnen hatten. Darin liegt eine gewisse Gefahr, daß die Schilderung sich
in Einzelheiten verliert. Der Verfasser der deutschen Verfassungs- und
Verwaltungsgeschichte scheint mir ihr nicht ganz entgangen zu sein. Sein
Abschnitt nimmt daher auch einen unverhältnismäßigen Raum, von den 350
Seiten 150 ein.
Manchmal möchte man etwas mehr über die Gründe der Entwicklung
erfahren. Darzustellen war doch nicht nur: was entstand, sondern auch:
warum es entstand. Allein da ergänzen glücklich andere Bände des zwei-
ten Teils, die Abschnitte über Staat und Gesellschaft, teilweise ja von den-