Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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wenn man eine Darstellung ganz auf Aeußerungen der Gesetze, auf Ent- 
würfe und parteipolitische Forderungen und Begründungen stützt. Diese 
Besprechung ist bereits zu ausgedehnt, als daß ich auf diesen Hauptteil des 
Werkes länger eingehen könnte. Vielen wird das Vergleichsmaterial, das 
da geboten ist, willkommen sein. An Lücken und Unklarheiten fehlt es 
allerdings auch hier nicht; und die Benutzung ist erschwert durch eine 
merkwürdig unsystematische und ungleichmäßige Anordnung des Materials 
bei den einzelnen Ländern. Die Behandlung Hollands (S. 425, insbesondere 
die Schlußbemerkungen S. 429) ist verfehlt. Das Verhältnis der Kirchen 
zum Staat ist dort ohne Aenderung der Gesetze seit einiger Zeit ein ganz 
anderes geworden. Die gegenwärtig herrschenden (wenn auch gesetzlich 
nicht privilegierten) kirchlichen Gruppen haben einen weitgehenden Ein- 
fluß auf die gesamte Gesetzgebung erlangt, so daß man faktisch von 
einer Trennung ebensowenig reden kann, wie in Belgien. Beide Länder 
stehen bei ROTHENBÜCHER unter der Rubrik: Das Recht der „Freien Kirche 
im freien Staate“. Es wäre da wohl nötig gewesen, darauf hinzuweisen, 
daß die kritische Staatsrechtslehre aller Nationen den Satz „freie Kirche 
im freien Staat“ längst als Utopie festgestellt hat. Kirche und Staat kön- 
nen sich nicht ignorieren. Entweder der Staat fügt sich den Formulierungen 
einer Kirche, oder die Kirche läßt es sich gefallen, daß ihre Organisation, 
autonome Rechtssatzung oder gar Rechtsprechung vom Staate beaufsichtigt 
werden. Die Regel ist vorläufig ein Kompromiß. Alle Konkordate sind 
solche Kompromisse und die stillschweigenden Kompromisse (Belgien, 
Schweiz, Australien, Brasilien, Vereinigte Staaten, Kanada, Mexiko) kann man 
in diesem Sinne geradezu als stillschweigende Konkordate bezeichnen ®. 
IV. Der zweite Hauptteil des Buches nennt sich „Ergebnisse der Unter- 
suchung“. Er beginnt mit den schon erwähnten 14 Thesen, denen wenige 
methodologische Bemerkungen vorausgehen. Der Rest besteht aus Kritik 
der Literatur und aus Urteilen des Verfassers. Von einer wirklichen Unter- 
suchung an der Hand des gelieferten Materials ist keine Rede. Auf dieses 
Material wird überhaupt nur mit ein paar flüchtigen Bemerkungen hinge- 
wiesen. Die einzelnen „Thesen“ werden gar nicht weiter erörtert, ge- 
schweige denn bewiesen. Größtenteils ist daran allerdings nichts juri- 
stisch zu beweisen, weil nichts Neues gesagt wird. Z. B. wenn es heißt 
(Th. IX) „Wo starkes religiöses Leben herrscht, besteht die Tendenz zur 
Konfessionsschule, die sich auch unter verschiedenen Schulsystemen (Staats- 
schule und Unterrichtsfreiheit) durchzusetzen weiß“ oder (Th. XII) „Trennung 
von Staat und Kirche hat nicht zur Folge, daß die Macht und Bedeutung 
der katholischen Hierarchie im allgemeinen oder in besonderer politischer 
Beziehung geschwächt wird“. Oder: (Th. XIV) „Unter dem Rechte der 
  
° Vgl. Durro, Les Concordats (Paris 1910) 8.2; M&rıenHAo, 'Traite de 
droit public international, Ile partie, p. 129.
	        
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