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Hermann Krause, Dr. iur. et phil, Die Familienfideikommisse
von wirtschaftlichen, legislatorischen, geschichtlichen und politischen
Gesichtspunkten. Berlin 1909. Verlag von Puttkammer & Mühlbrecht.
255 S. und 2 Karten. Preis 7,20 Mk.
Die Familienfideikommisse spielen im preußischen Staatsleben, nament-
lich in den östlichen Provinzen (und bier wieder besonders in Schlesien,
Brandenburg und Pommern), eine bedeutsame Rolle. Sind doch trotz des
seit hundert Jahren geltenden Grundsatzes des freien Gebrauchs des Grund-
eigentums mehr als 6°/, des preußischen Bodens fideikommissarisch gebun-
den, ein Prozentsatz, der überdies noch in den letzten Jahren langsam,
aber ständig zugenommen hat. Bei der Wichtigkeit des Stoffes und bei dieser
Entwicklung ist es zu begrüßen, daß die Staatsregierung dem Gedanken
eines gesetzgeberischen Eingreifens näher getreten ist und mit der Ausar-
beitung eines eigenen Gesetzentwurfes begonnen hat. Die zur Beurteilung
dieses Entwurfes erforderliche Kenntnis der Sach- und Rechtslage vermittelt
uns die vorliegende Schrift.
Sie betrachtet den Stoff weniger von der juristischen, als von der wirt-
schaftlich-politischen Seite. Der Verfasser bekämpft die heute vielfach mit
aller Schärfe vertretene Formel: Das Fideikommiß hindert die Bewegung
des Bodens zum tüchtigsten Wirt. Er bekennt sich in seinen Ausführungen
grundsätzlich als Freund des Fideikommisses, ohne dabei aber das Postulat
einer objektiven Betrachtungsweise des Stoffes aus den Augen zu verlieren.
Auf die volkswirtschaftlichen Ausführungen über die Wirkung fidei-
koınmissarischer Vinkulierung auf Forstland und Weideland (8. 7—70), über
die entgegengesetzten sozialen Wirkungen von Fideikommissen in Gebieten
natürlich bedingten Betriebes auf weiten Flächen und in Gebieten natürlich
bedingter intensiver Kultur ($8. 73—89), sowie über die Rechtfertigung der
Fideikommittierung von Bodenflächen, d. h. über die Frage, ob das Fidei-
kommiß hemmend oder fördernd auf die Anpassung der Besitzgrößen an
die vorteilhafteste Betriebsgröße wirkt (S. 93—126), ist hier nicht näher
einzugehen. Das Sonderinteresse des Juristen beginnt erst bei den beach-
tenswerten Vorschlägen, die der Verfasser de lege ferenda macht (S. 129
bis 180). Sie beziehen sich auf die Gründung von Fideikommissen, die
Auswahl der hierbei mitwirkenden Behörden, Maßregeln gegen übermäßige
Einschränkung des freien Bodenangebotes, Beleihungsgrenzen und Notwen-
..digkeit vorhandenen Betriebskapitals. Hieran erst schließt sich die zu An-
fang der Schrift erwartete historische Betrachtung über die Durchführung
und Bedeutung des fideikommissarischen Gedankens in der Geschichte
(8. 183— 226), und zwar in Spanien, Schottland, Böhmen, Frankreich, Deutsch-
land; Ein besonders interessanter, auch für den Juristen beachtlicher
Schlußabschnitt (S. 229-249) würdigt die heutige politische und ethische
Bedeutung der Fideikommisse in Preußen. Angefügt sind Tabellen über