Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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Besonders hervorgehoben seien aus dem $ 8 zunächst die Darlegungen 
über die materielle Rechtskraft. Verfasser verficht darin abermals die von 
ihm und HELLWIG vertretene sogenannte prozessuale Auffassung, die im 
Gegensatz zur herrschenden materiellrechtlichen Lehre das Wesen der ma- 
teriellen Rechtskraft nicht in der Rechtserzeugung, sondern darin sehen 
will, daß der Richter eines künftigen Pruzesses, der wiederum als Haupt- 
frage oder als Vorfrage zu entscheiden hat, was in demselben Fall rechtens 
sei, an die Entscheidung des ersten Urteils gebunden ist. 8. 87 wünscht 
Verfasser, daß ın Zukunft der irreführende Name materielle Rechtskraft 
zugunsten des Namens „bindende Kraft“ verschwände. S. 92 streift er die 
Frage der absoluten Urteilsnichtigkeit mit der Bemerkung, daß sie den 
Gegenstand eines „noch nicht spruchreifen Streites“ bilde. 
Sodann glaube ich näher eingehen zu müssen auf die Abgrenzung die- 
ser materiellen Rechtskraft oder „bindenden Kraft“ von der „Tatbestands- 
wirkung“. Es handelt sich hier m. E. um eine Unterscheidung von der 
größten Tragweite, und es will mir scheinen, als ob SrEın trotz der Her- 
vorhebung 8. 94, daß die Tatbestandswirkung „früher vielfach mit der 
Rechtskraft verwechselt und verwirrt wurde“, die Grenzen selbst auch noch 
nicht ganz richtig gezogen sind. — Zur Veranschaulichung des Unterschiedes 
führe ich zunächst folgendes konkrete Beispiel an, das sich zwar bei STEIN 
nicht findet, aber zweifellos den Sinn seiner Darlegungen über das Institut 
der Tatbestandswirkung wiedergibt. Ein verwaltungsrechtliches Gesetz 
kann bestimmen, daß ein gewisser Verwaltungsakt ergehen, z. B. ein Be- 
amter diszipliniert, eine Polizeierlaubnis entzogen werden soll usw., wenn 
der, gegen den sich diese Bestimmung richtet, ein ehrenrühriges Vergehen 
begangen hat; es kann aber auch statt dessen bestimmen, daß jene Rechts- 
folge eintreten soll, wenn er wegen eines ehrenrührigen Vergehens straf- 
gerichtlich verurteilt worden ist. Nehmen wir nun an, daß eine Verurtei- 
lung des Betroffenen wegen Diebstahls erfolgt, so ist klar, daß diese Ver- 
urteilung, je nachdem das verwaltungsrechtliche Gesetz den ersten oder 
den zweiten Wortlaut hat, verschieden zu bewerten ist; soll nämlich das 
verwaltungsrechtliche Einschreiten erfolgen auf Grund der bloßen Tatsache, 
daß der Betroffene strafgerichtlich verurteilt ist, so steht eine einfache Tat- 
bestandswirkung des Strafurteils in Frage, und die Verwaltungsbehörde hat 
gegen den Verurteilten einzuschreiten, ohne daß sie Raum hätte für die 
Prüfung, ob der Verurteilte wirklich der Dieb war; soll dagegen das ver- 
waltungsrechtliche Einschreiten erfolgen auf Grund der Tatsache, daß der 
Verurteilte den Diebstahl begangen hat, so ist dieses Einschreiten nicht 
Tatbestandswirkung des Urteils, sondern des Diebstahls, und dem Urteil 
kann für die Verwaltungsbehörde eine rechtliche Bedeutung nur dann zu- 
kommen, wenn es mit bindender Kraft auch gegenüber dieser Behörde die 
Feststellung enthält, daß der Verurteilte den Diebstahl begangen hat, — 
eine Feststellung, die zwar notwendige Voraussetzung für die Rechtmäßig-
	        
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