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binden. Hervorzuheben aus diesen Erörterungen ist zweierlei: Einmal die
Feststellung, daß die sogen. Rechtskraft des Strafurteils nur Konsumtions-
wirkung ist (S. 99); sodann, daß die Rechtskraft von verwaltungsgericht-
lichen Urteilen, denen der Verfasser m. E. zu Unrecht und unter Verken-
nung der Bedeutung des schon erwähnten Begriffs der „Formal-Akte“ S. 102
ohne weiteres die sonstigen Verwaltungsentscheiduugen gleichstellen will,
im Grund kein anderes Wesen aufweist als die Rechtskraft der Zivilurteile,
wennschon bei ihr die zeitlichen Grenzen der Rechtskraft eine tatsächlich
weit größere Bedeutung haben als bei jenen (S. 101; vgl. dazu die gleich-
artigen Ausführungen KORMANN Grundzüge, in Annalen 1912, S. 211).
$ 11 erörtert die „Bindung der Gerichte“ im allgemeinen. — Er bejaht
sie für rechtsgestaltende Entscheidungen (S. 104), bei denen es m. E. sich
aber, wie vorhin betont, nicht um die Frage der Feststellungswirkung, son-
dern um die Frage der Tatbestandswirkung handelt. Wenn der Verfasser
dabei meint, diese Bindung „unterliege keinem Bedenken und keinem prak-
tischen Zweifel‘, so hat er freilich übersehen, daß das Reichsgericht in
zahlreichen Entscheidungen sich auf den entgegengesetzten Standpunkt
gestellt und insbesondere Kommunalbeamten ihr Gehalt zugesprochen hat
mit der Begründung, daß ihre Entlassung aus dem Kommunaldienst (also
ein rechtsgestaltender Verwaltungsakt) zwar erfolgt sei, aber zu Unrecht
erfolgt sei; es wird mich freuen, wenn der Verfasser anschließend an die
wiedergegebene Bemerkung Gelegenheit nehmen würde, auch in seinem
Kommentar den von mir (System der rechtsgeschäftlichen Staatsakte S. 225 f.)
und auch sonst von publizistischer Seite (PıLoTY in dieser Zeitschrift
Band 38, S. 398, vgl. auch GIESSnER, Wirkungen von Willensmängeln auf
die Anstellung oder Entlassung eines unmittelbaren Preußischen Staats-
beamten, Göttinger Diss. 1912, 8. 46f.) begonnenen Kampf gegen jene
reichsgerichtliche Rechtsprechung mit seiner Autorität zu unterstützen. —
Der Verfasser verneint ferner die Bindung der Gerichte insoweit, als das
gerichtliche Verfahren gerade zur Nachprüfung der Verwaltungsentscheidung
bestimmt ist (S. 105). — Er bespricht ferner die nicht sehr zahlreichen aus-
drücklichen reichs- und landesrechtlichen Vorschriften, die eine Bindung
anordnen oder ausschließen (8. 105f.), wobei er S. 107, 108 auch die Frage
nach der Zulässigkeit von landesrechtlichen Vorschriften, die eine Bindung
normieren, mit bejahendem Ergebnis untersucht. — Am wichtigsten ist die
letzte, S. 108f. erörterte Frage, wie zu entscheiden sei, wenn ausdrückliche
Bestimmungen fehlen. Der Verfasser meint, man müsse „mit der Annahme
der Bindung sehr zurückhaltend sein“. Für den Zivilprozeß will er S. 108
keine Bedenken dagegen erheben, daß das Reichsgericht (RGZ. 34, 256 und
GRUCHOT 31, 1024) aus dem Zusammenhange und der Absicht des Gesetzes
gefolgert hat, daß das Verwaltungsurteil über die öffentlich-rechtliche Pflicht
zur Reinigung eines Wasserlaufes in einem künftigen Entschädigungsstreite
der Beteiligten bindet; eine allgemeine Formel für die hierher gehörigen