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Fälle aufzustellen, hat der Verfasser leider nicht versucht, obwohl es m. E,
bei einem Vergleich mit der allgemeinen Formel, die der Verfasser für den
umgekehrten Fall der Bindung der Verwaltung S. 121 aufgestellt hat, nahe
gelegen hätte, die Bindung auf solche Fälle zu beschränken, wo das Zivil-
urteil unter Parteien ergeht, für und gegen die dem Verwaltungsurteil ma-
terielle Rechtskraft zukommt. „Ganz anders — fährt Verfasser S8. 108, 109
dann fort — steht es mit dem Gebiete des Strafprozesses, wo das Reich
selbst die Entsagung geübt hat, daß es im Interesse materieller Wahrheit
und Gerechtigkeit des Strafurteils jedwede Bindung des Strafrichters aus-
schließt. Hier müssen auch die Einzelstaaten verzichten. Wenn es je in
der Gesetzgebung eine konkludente Willenserklärung gegeben hat, so liegt
sie meines Erachtens in der Verneinung jeder Schranke für den Strafrichter
als Verbot für die Landesgesetzgebungen, solche Schranken aufzurichten.*
Von diesem Gesichtspunkt unternimmt Verfasser dann S. 109 einen sehr
temperamentvollen Vorstoß gegen die Ansprüche des Preußischen Herolds-
amts.
8 12 beschäftigt sich insbesondere mit der Vorentscheidung bei der
Verfolgung von Beamten. Wir begegnen da einer ganzen Reihe von in-
teressanten und wichtigen Fragen, in denen der Verfasser zum Teil die
Gesetzmäßigkeit der herrschenden Praxis verneint: Ob zu den Beamten im
Sinne des $ 11 EG. zum GVG. auch die Offiziere und Berufssoldaten ge-
hören und ob das „erweiterte Militärjustizdepartement* bezüglich ihrer
noch zur Vorentscheidung zuständig ist (S. 114); welche Bedeutung dem
S 6 des Preußischen Rechtsweggesetzes vom 11. Mai 1842 beizumessen ist
(5. 115); ob das Oberverwaltungsgericht, wenn es den Konflikt für begrün-
det erklärt, auf endgültige Einstellung des gerichtlichen Verfahrens erken-
nen darf (8. 116—118); ob die Vorentscheidung noch gegenüber dem Reichs-
gericht herbeigeführt werden kann, was Verfasser S. 118 bejaht; ob der
unechte Konflikt auch zulässig ist bei Klagen gegen den Staat oder die
Gemeinden, soweit sie die Haftung an Stelle des Beamten trifft, was der
Verfasser S. 119, 120 bejaht mit der interessanten aber nicht unzweifelhaf-
ten Begründung S. 120, daß die Haftung des Staats, anders als die in $ 839
BGB. geregelte Haftung des Beamten selbst (und obschon geschichtlich aus
einer gesetzlichen Uebertragung dieser Haftung von dem Beamten auf den
Staat entstanden), öftentlichrechtliche Natur habe.
8 13 endlich behandelt die „Bindung der Verwaltung“. — Bezüglich
der Strafurteile verneint der Verfasser $S. 120 diese Bindung allgemein mit
der Begründung, daß dem Strafurteile eine solche Bindung nicht einmal auf
seinem eigenen Gebiet zuköomme. Er wendet sie insbesondere an auf den
Fall, daß eine Verwaltungsinstanz als Disziplinarbehörde dieselbe Tat von
neuem abzuurteilen hat, wobei der Verfasser freilich übersieht, daß er mit
dieser, von ihm als selbstverständlich behandelten, Meinung fast allein steht,
nachdem der erste Zivilsenat und der große Disziplinarsenat des Kammer-