Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

— 278 — 
keine Zivilklage auf Erstattung gegen einen Minister aus dem Rechts- 
grunde einer Etatsüberschreitung. Der Fiskus kann Defekte von seinen 
Beamten einziehen. Er ist als juristische Persönlichkeit partei- und prozeB- 
fähig. Die Landesvertretung aber als bloße Versammlung ohne Rechts- 
persönlichkeit kann auf Grund der Entlastungsversagung nicht gegen den 
Minister klagen. Es fehlt nach geltendem preußisch-deutschem Recht der 
Kläger, der zivilrechtliche Verpflichtungsgrund und das zur Entscheidung 
berufene Gericht.“ Der erste wie der letzte Satz sind m. E. unrichtig, die 
Sätze dazwischen aber unerheblich. — Wenn der Verfasser sagt, es fehle der 
Kläger, so verwechselt er offenbar Prozeßsubjekt und Organ der das Pro- 
zeßsubjekt bildenden juristischen Person. Kläger, d. h. Prozeßsubjekt, ist 
der Fiskus. Welches Organ ihn im Prozeß vertritt, bestimmt sich nach 
den sonstigen über die Vertretung des Fiskus geltenden Grundsätzen (vgl. 
HATScHEK in W. B. 1 808). Soweit freilich nach diesen Bestimmungen die 
Vertretung gerade dem Minister zufällt, gegen den Klage angestrengt wer- 
den soll, wird es praktisch zu einer Klagerhebung in der Regel nicht 
kommen, zumal dieser Minister über die Zulässigkeit der Entlastungsver- 
weigerung wohl anderer Meinung sein wird als die Volksvertretung. In- 
des Minister können wechseln, und sie würden es in Fällen, wo ihnen 
offenbar mit Recht die Entlastung verweigert worden ist, voraussichtlich 
tun. Aber selbst wenn sie im Amt bleiben, wäre es nicht ausgeschlossen, 
daß der König bzw. der Kaiser oder der Bundesrat als höchster Chef der 
Verwaltung für den gegen den Minister anzustrengenden Prozeß einen be- 
sonderen Fiskusvertreter bestellte. Vorausgesetzt also, daß ein Rechtsan- 
spruch gegen den nicht entlasteten Minister besteht, braucht dieser An- 
spruch keineswegs wegen Mangels eines Klägers wesenlos zu zerfließen, wenn 
schon freilich seine Durchführung ebenso wie die sonstiger Ansprüche des 
Fiskus Sache der Verwaltung und nicht der Volksvertretung ist. — Und 
auch die Frage, ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Gegensatz zu 
dem Verfasser zu bejahen. Der von ihm vermißte „zivilrechtliche Ver- 
pflichtungsgrund‘“ liegt -eben in der Haftbarkeit jedes Beamten einschließ- 
lich der Minister für die Ordnungsmäßigkeit der von ihnen geführten Ver- 
mögensverwaltung gegenüber dem Staat, — eine Haftbarkeit, über deren Kon- 
struktion man allerdings bisher sich nicht viel den Kopf zerbrochen hat, die 
aber jedenfalls allgemein in dem Sinne anerkannt ist, daß sie, einerlei ob 
sie wirklich privatrechtlicher oder ob sie etwa öffentlich rechtlicher Natur 
ist, vor den ordentlichen Gerichten im Wege des Zivilprozesses geltend 
gemacht werden kann (vgl. BünLer Die Zuständigkeit der Zivilgerichte 
usw., Stuttgart 1911, S. 157 £., 166, 167). — Und so ist auch die Behaup- 
tung des Verfassers, daß es an einem zur Entscheidung berufenen Gericht 
fehle, hinfällig. Zu Zweifeln kann nur die Frage noch Anlaß geben, wie 
weit das Zivilgericht zur Nachprüfung der Akte der Volksvertretung in der 
Lage ist. Die Antwort muß von der Erwägung ausgehen, daß der Zivil-
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.