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keine Zivilklage auf Erstattung gegen einen Minister aus dem Rechts-
grunde einer Etatsüberschreitung. Der Fiskus kann Defekte von seinen
Beamten einziehen. Er ist als juristische Persönlichkeit partei- und prozeB-
fähig. Die Landesvertretung aber als bloße Versammlung ohne Rechts-
persönlichkeit kann auf Grund der Entlastungsversagung nicht gegen den
Minister klagen. Es fehlt nach geltendem preußisch-deutschem Recht der
Kläger, der zivilrechtliche Verpflichtungsgrund und das zur Entscheidung
berufene Gericht.“ Der erste wie der letzte Satz sind m. E. unrichtig, die
Sätze dazwischen aber unerheblich. — Wenn der Verfasser sagt, es fehle der
Kläger, so verwechselt er offenbar Prozeßsubjekt und Organ der das Pro-
zeßsubjekt bildenden juristischen Person. Kläger, d. h. Prozeßsubjekt, ist
der Fiskus. Welches Organ ihn im Prozeß vertritt, bestimmt sich nach
den sonstigen über die Vertretung des Fiskus geltenden Grundsätzen (vgl.
HATScHEK in W. B. 1 808). Soweit freilich nach diesen Bestimmungen die
Vertretung gerade dem Minister zufällt, gegen den Klage angestrengt wer-
den soll, wird es praktisch zu einer Klagerhebung in der Regel nicht
kommen, zumal dieser Minister über die Zulässigkeit der Entlastungsver-
weigerung wohl anderer Meinung sein wird als die Volksvertretung. In-
des Minister können wechseln, und sie würden es in Fällen, wo ihnen
offenbar mit Recht die Entlastung verweigert worden ist, voraussichtlich
tun. Aber selbst wenn sie im Amt bleiben, wäre es nicht ausgeschlossen,
daß der König bzw. der Kaiser oder der Bundesrat als höchster Chef der
Verwaltung für den gegen den Minister anzustrengenden Prozeß einen be-
sonderen Fiskusvertreter bestellte. Vorausgesetzt also, daß ein Rechtsan-
spruch gegen den nicht entlasteten Minister besteht, braucht dieser An-
spruch keineswegs wegen Mangels eines Klägers wesenlos zu zerfließen, wenn
schon freilich seine Durchführung ebenso wie die sonstiger Ansprüche des
Fiskus Sache der Verwaltung und nicht der Volksvertretung ist. — Und
auch die Frage, ob ein solcher Anspruch besteht, ist im Gegensatz zu
dem Verfasser zu bejahen. Der von ihm vermißte „zivilrechtliche Ver-
pflichtungsgrund‘“ liegt -eben in der Haftbarkeit jedes Beamten einschließ-
lich der Minister für die Ordnungsmäßigkeit der von ihnen geführten Ver-
mögensverwaltung gegenüber dem Staat, — eine Haftbarkeit, über deren Kon-
struktion man allerdings bisher sich nicht viel den Kopf zerbrochen hat, die
aber jedenfalls allgemein in dem Sinne anerkannt ist, daß sie, einerlei ob
sie wirklich privatrechtlicher oder ob sie etwa öffentlich rechtlicher Natur
ist, vor den ordentlichen Gerichten im Wege des Zivilprozesses geltend
gemacht werden kann (vgl. BünLer Die Zuständigkeit der Zivilgerichte
usw., Stuttgart 1911, S. 157 £., 166, 167). — Und so ist auch die Behaup-
tung des Verfassers, daß es an einem zur Entscheidung berufenen Gericht
fehle, hinfällig. Zu Zweifeln kann nur die Frage noch Anlaß geben, wie
weit das Zivilgericht zur Nachprüfung der Akte der Volksvertretung in der
Lage ist. Die Antwort muß von der Erwägung ausgehen, daß der Zivil-