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Zeit eine Widerlegung der herrschenden Lehren über das Eigentum
und die juristische Person. Berlin. Puttkammer u. Mühlbrecht 1912.
279 Seiten.
Das Werk enthält — weit über den nach dem Titel zu erwartenden
Inhalt hinaus — eine umfassende Darlegung der rechts-, staats- und kultur-
philosophischen Ansichten des Verfassers. Nach seiner Anschauung ent-
steht Recht entweder durch einseitige „Handlungsanweisungen“ eines Ver-
bandes oder durch vertragsmäßige Bindung der einzelnen und der Verbände.
Der Begriff des Verbandes ist sehr weit gefaßt; nicht nur Staat, Gemeinde,
Bezirk, erlaubte, Gesellschaften, rechtlich zulässige Vereine, sondern auch die
zu unerlaubten Handlungen gebildeten Vereinigungen (Komplotte, Banden
aller Art) sind nach der Anschauung des Verfassers als rechtsbildende
Verbände anzusehen. Und obschon der Verfasser wiederholt betont, daß
Rechte und Pflichten nur dem Menschen zukommen können, daß daher
juristische Personen als Subjekte von Rechten und Pflichten ebensowenig,
wie subjektlose Rechte und Pflichten angenommen werden können, spricht
er dennoch recht häufig von den Rechten jener Verbände, die ja doch —
auch in seinem Gedankenkreise — nur als juristische Personen aufgefaßt
werden können.
Ungeachtet dieses Bedenkens und trotz mancher anderer Unklarheiten,
die wenigstens teilweise auf Mängel der Uebersetzung des ursprünglich (1908)
in russischer Sprache herausgegebenen Werkes zurückzuführen sind, bietet
dieses viel des Interessanten. Es gewährt einen Einblick in die philo-
sophischen Anschauungen, wie sie dermalen in Rußland herrschen ; vor
allem aber muß jedem Leser die tiefe Erfassung des Christentums auf-
fallen, wie sie im ganzen Werke zutage tritt. Mag auch vielfach eine
Vermengung ethischer, religiöser und juristischer Begriffe in einer dem
deutschen Leser nicht mehr gewohnten Art hervortreten, so folgt man doch
gerne den eigenartigen, fesselnden Erörterungen, die Zeugnis ablegen von
dem ehrlichen Streben unseres großen Nachbarvolkes nach Aufklärung und
nach wissenschaftlicher Erkenntnis. Dr. Max. Schuster-Bonnott.
Liambi-Campbell, Abriß des Staats- und Verwaltungsrechts der Argen-
tinischen Republik, übersetzt von R. Bartolomäus (20. Band der
Bibliothek des öffentl. Rechts, herausgegeben von Scholz und Storck)
S. 252 Hannover Verlagsbuchhandlung Dr. Max Jänecke.
Das Buch belehrt uns über das nach nordamerikanischer Schablone ge-
staltete Verfassungsrecht Argentiniens und gibt einen guten Ueberblick
über die Verwaltungszustände des in jüngster Zeit so sehr in den Vorder-
grund getretenen Landes. Die Ausführungen des Verfassers lesen sich
stellenweise wie ein Prospekt, der die Einwanderungslust unternehmender
Europäer rege machen soll. In dieser Hinsicht ist namentlich das Kapitel
über die landwirtschaftliche Gesetzgebung, die Ansiedlung und Einwanderung
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