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wird. Hingewiesen sei endlich noch auf den Ergänzungsband, enthaltend
eine Reihe wichtiger völkerrechtlicher Urkunden, die mir bei eigenen Studien
nicht unwichtige Dienste geleistet haben.
Frankfurt a. M. Dr. Strupp.
Revue generale dedroitinternationalpublic, tome XVIII,
1911, 606 p. + 42 p. documents.
Daß FRIED, der anerkannte Führer und Vorkämpfer des Pazifismus,
das Institut der Schiedsgerichtsbarkeit, solange nicht die organisierte
Staatenwelt besteht, nicht ohne einen gewissen Pessimismus betrachtet,
kann nicht wundernehmen. Hält man mit ihm („le röle de l’arbitrage et
l’organisation internationale* p. 1—22) den Krieg für ein Symptom der „inter-
nationalen Anarchie“, die Schiedsgerichtsbarkeit für ein solches der inter-
nationalen Ordnung, und befindet sich die Welt zurzeit, da die „internatio-
nale Ordnung“, d. h. die organisierte Völkergemeinschaft, noch nicht be-
steht, in einem Zustand der Anarchie, so kann ja, scheint es, für das Schieds-
gerichtswesen kein Platz sein. Auf den ersten Blick wirkt diese Antithese
bestechend; an den realen Tatsachen muß sie scheitern. Denn nicht erst
dann vermag die Schiedsgerichtsbarkeit volle (präventive) Wirksamkeit zu
erlangen, wenn die Staatenwelt mit einer Organisation begabt auftritt, son-
dern es beweist die bewundernswürdige und von F. gar nicht geleugnete Ent-
wicklung des Instituts, welche segensreichen Wirkungen im Sinne einer Ver-
hütung von Feindseligkeiten (Casablanca-, Manubafall!) es schon heute ent-
falten kann. Nur soviel über die Grundidee der Schrift, im einzelnen möchte
ich mich nur noch gegen die Auffassung F.s wenden, wenn er in der einmal
organisierten Staatenwelt eine Sanktion der Entscheidung der Schiedsgerichte
für überflüssig hält. Vermeidet er damit auch geschickt das Dilemma, in
das andere, z. B. INTERNOSCIA, geraten, wenn sie als Mittel der Verwirk-
lichung der Schiedssprüche eine Bundesexekution, d. h. nichts anderes als
eine Durchführung manu militari, als ultima ratio bezeichnen, so spricht
andererseits die Geschichte der Staatenbünde des XIX. Jahrhunderts nicht
gerade für die Wahrscheinlichkeit einer Realisierung des Friedschen Ge-
dankens.
Einen Beitrag zu der Frage, ob bei der Abtretung eines bestimmten
Gebietes auch sämtliche darauf bezüglichen Dokumente an den Erwerber-
staat übergeben werden müssen, bietet MAY in seinem, auch geschichtlich
interessanten Aufsatz „la saisie des archives du departement de la Meurthe
pendant la guerre de 1870/71* (p. 23—36). Er postuliert, daß im Zweifel
nur für die Verwaltung und die Rechtspflege bedeutsame Urkunden über-
geben werden und im übrigen aus wissenschaftlichen Gründen Dokumente
historischen Inhalts an ihrer bisherigen Stätte belassen werden sollen, eine
Auffassung, der ich nur mit Einschränkungen zuzustimmen vermag.
ALVAREZ, der Verfasser des verdienstlichen, leider auf dem Kontinent