— 326 —
Gleichfalls verfassungsrechtlicher Natur sind die beiden kurzen Arbeiten
von TAMBARo, „les debats sur la reforme du senat italien“ (S. 600—607)
und von SCELLE „chronique constitutionelle de France“ (S. 538—557). Letz-
tere hat das Projekt der geplanten Wahlrechtsänderung zum Gegenstand,
das in Gestalt einer Kritik der einzelnen auf dem Proporz basierten Vor-
schläge dargestellt wird, und mit Rücksicht auf die neuerdings geforderte
Uebertragung des Proporzes auf das Reichstagswahlrecht besondere Beach-
tung verdient. Sie führt in knapper Form die Schwierigkeit, das richtige
System zu treffen, deutlich vor Augen.
Den Text der neuen Verfassung von Monako mit den Motiven ihrer
Redaktoren, der Professoren RENAULT, WEISS und des Mitgliedes des
Staatsrats ROCHE, finden wir im Rahmen des „bulletin de legislation etran-
gere*, S. 608—29, den Verfassungstext der Republik Portugal S. 775—791.
Gegenüber der unrichtigen aber immer wieder auftauchenden Auffassung.
auch nach dem Vertrag vom 24. Februar 1861 besitze Frankreich das Pro-
tektorat über Monako, ist es von Interesse, daß die Redaktoren diese
Auffassung aufs schärfste ablehnen.
Im Rahmen der chronique administrative behandeln ROLLAND und JEZE
eine Reihe von Fragen des Verwaltungsrechte. Ich nenne aus der Feder
des letzteren den Aufsatz „nature juridique de l’obligation militaire des
officiers de reserve“ (p. 476—511) in der JEZE mit Schärfe gegen den
Staatsrat polemisiert, der sich dahin ausgesprochen hat, daß in der Er-
nennung zum Reserveoffizier zugleich der Abschluß eines Quasikontrakts
zwischen Offizier und Militärgewalt liege, kraft dessen jener sich der Militär-
gesetzgebung in dem jeweils durch den Kriegsminister festgestellten Um-
fang unterwerfe.. ROoLLANnD beschäftigt sich mit der Rechtsstellung der
Bergwerksunternehmer (S. 731—756) und weiter in einem Aufsatz „le conseil
de l’Etat et les röglements de l’administration publique“ (p. 380—398) mit
der Stellung des Staatsrats beim Erlaß von Verordnungen seitens der Re-
gierung. Der Verfasser wendet sich gegen die — auch gelegentlich des
„Champagnerkrieges“ hervorgetretene — Tendenz, Rechtsverordnungen, die
nach französischem Staatsrecht dem Plenum des Staatsrats zur Begut-
achtung vorzulegen sind, von diesem mit verbindlicher Kraft
für die Regierung ausarbeiten zu lassen. Auf die Einzelheiten der inter-
essanten Arbeit, insbesondere auf die von ROLLAND gestreifte und im
Prinzip verneinte Frage nach der Zulässigkeit einer Gesetzesdelegation
wie auch die damit zusammenhängende nach der Zulässigkeit der Abände-
rung einer auf Delegation beruhenden Verordnung durch eine neue Verord-
nung, kann hier nicht eingegangen werden.
Unter der Ueberschrift „la reaction contre les abus du favoritisme“
(S. 501—600) bespricht ROLLAND die auf dem Finanzgesetz vom 13. Juli
1911, Art.141, 142 beruhenden Versuche, gegen das bestehende Protektions-
wesen bei der Besetzung von Regierungsstellen einzuschreiten. Bisher be-