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Mit der völkerrechtlichen Zulässigkeit der Befestigung der Schelde durch
die Niederlande beschäftigt sich WESTLAKE (S. 105—111). Dem von ihm
gewonnenen Ergebnis, das im wesentlichen auf eine Verneinung des Rechts
zur Befestigung hinausläuft, kann ich nicht beistimmen. Denn wenn es
auch zutrifft (und das möchte ich besonders gegenüber den in dieser Be-
ziehung unzutreffenden Ausführungen Horns in der Zeitschrift für Völker-
recht und Bundesstaatsrecht V 1911 S. 372, betonen), daß die Natur der
Schelde als eines internationalen Stromes für die Frage, ob auch fremde
Kriegsschiffe im Krieg den Fluß passieren dürfen, völlig belanglos ist,
so ist gleichwohl Holland vertraglich nicht gehindert, an der Schelde Befesti-
gungen anzulegen, um dadurch in den Stand gesetzt zu werden, im Falle
des Ausbruchs eines Krieges sich neutral zu verhalten. Man kann WEsT-
LAKE den Vorwurf nicht ersparen, daß seine Ausführungen im wesent-
lichen von politischen Argumenten getragen sind (vgl. besonders
S. 111). — Gegen die Ratifizierung der Londoner Prisenkonvention und die
Seerechtsdeklaration polemisiert Holland (changements proposee au droit
des prises maritimes, p. 337—355). Zwar tritt er in abstracto für die
Schaffung eines Prisenhofes ein, der im Falle der Unzufriedenheit mit der
Entscheidung eines (nationalen) Prisengerichts an die Stelle diplomatischer
Verhandlungen die Entscheidung eines internationalen Gerichts setzt, doch
hegt er Bedenken wegen der Zusammensetzung, da er in der endgültigen Auf-
stellung einer Liste die Gefahr einer Präponderanz der kontinentalen Mächte
gegenüber den anglo-amerikanischen Staaten erblickt. Noch erheblicher
sind seine Bedenken gegen die Seerechtsdeklaration, die er besonders wegen
des Fehlens der Regel von 1756 und der Einschränkung der Lehre vom
continous voyage für lückenhaft hält. — Mit Erwerb und Verlust der tür-
kischen Staatsangehörigkeit beschäftigt sich PArAsıAn (la nationalite otto-
mane, p. 287—301). Rechtsquelle ist in erster Linie das Gesetz vom 19. Ja-
nuar 1869, das seine Entstehung dem begreiflichen Wunsch der Türkei
verdankt hat, den Erwerb ausländicher Staatsangehörigkeit und der damit
verbundenen Privilegien durch Türken möglichst zu erschweren. Diesem
Prinzip entsprechend, erklärt Art. 9 als türkischen Staatsangehörigen
jeden Bewohner des türkischen Reiches bis zum Beweis fremder Nationali-
tät, damit Art. I ergänzend, nach dem jeder Sohn eines Türken und einer
Türkin oder auch nur eines Türken selbst Türke ist. In Verfolg des
Grundsatzes, der zum Erlaß des Gesetzes geführt hat, bewirkt der Erwerb
fremder Staatsangehörigkeit nicht nur den Verlust der türkischen Natio-
nalität, sondern zieht in der Regel auch das Verbot nach sich, türkisches
Vergl. hierzu die Literatur in meiner Besprechung von ‚ÖPPENHEIMs Zu-
kunft des Völkerrechts‘ im Arch. d. ö. R. XXVIII S. 618 Note 16. — Die
auf dem Madrider Kongreß gefaßten Beschlüsse des Instituts siehe Revue
p. 802-807; ausführlich Annuaire (Bd. XXIV 25—393).