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auch diejenigen Staaten, die bisher noch nicht von sich aus völkerrecht-
liche Dokumente amtlich gesammelt und herausgegeben haben, mit der
Zeit sich zu diesem wichtigen Schritt entschließen und zu diesem Zweck
wenigstens eine Sammelstelle im Inlande schaffen werden, die auch dazu
berufen sein würde, in einschlägigen Fragen dem Völkerrechtsgelehrten
offizielle Auskunft zu erteilen, nach dem Vorbilde des dem Auswärtigen
Amte angegliederten office de l&egislation &etrangere?, das von der
französischen Regierung vor nicht zu langer Zeit ins Leben gerufen wor-
den ist. Dr. Karl Strupp.
Wilhelm Riecker, Die Entschädigung unschuldig Verhaf-
teter und Bestrafter. Zugleich ein Beitrag zur Reform.
Tübingen. Druck und Verlag von Gg. Schnürlen 1911. S. 62.
Diese Untersuchung nimmt ihren Ausgangspunkt von der geschicht-
lichen Entwicklung des Problems und schreitet hierauf zu einem Versuche
der Gewinnung des seiner Eigenart entsprechenden Lösungsprinzipes. Der
Verfasser verwirft den Gesichtspunkt der Haftung des Staates für schuld-
haftes Handeln und läßt ausschließlich den der aequitas gelten, die zwar
im Falle der unschuldig erlittenen Bestrafung, nicht aber in gleich zwingender
Weise im Falle der gesetzmäßig verhängten, also gerechtfertigten Unter-
suchungshaft des zuletzt frei ausgehenden Verdächtigen zutreffe. Diese
allgemeine Erörterung bildet die Einleitung zu einer Exegese der beiden
deutschen Reichsgesetze vom 20. Mai 1898 und vom 14. Juli 1904, welche
von einer zwangsweisen Einschachtelung des Rechtsinstitutes unter eine
bestehende Kategorie absieht und ausschließlich rationellen und praktischen
Lösungen zustrebt. Nur den einen theoretischen Exkurs gönnt sich der
Verfasser, daß er die publizistische Natur des Entschädigungsanspruchs
darzutun versucht. Eine neuere literarische Strömung ist gegen die
Scheidung des Rechts in Privat- und in öffentliches Recht gerichtet. Indes
wird ihn die praktische Jurisprudenz festhalten müssen, solange er die
materielle Gesetzgebung und die Organisationsgesetzgebung beherrscht.
Was der Verfasser in der besprochenen, mit einer reichhaltigen Literatur-
übersicht versehenen Abhandlung bietet, ist knapp, klar und zum größten
Teil auch überzeugend. Dr. Friedrich Tezner, Wien.
E. Girisch, Dr. jur. H. Hellmuth und H. Pachelbel, Handwörterbuch
des Bayerischen Staatskirchenrechts. München 1912.
Wer bisher Veranlassung hatte, auf dem Gebiete des bayerischen
Staatskirchenrechtes praktisch tätig zu sein, wird eine empfindliche Lücke
in der zur Verfügung stehenden Literatur gefühlt haben. Denn einerseits
sind in Bayern die einzelnen staatskirchenrechtlichen Materien bis aufs
3 Darüber CLunET, Journal de droit international prive, 1911, p. 720.
Archiv des öffentlichen Rechte. XXX. 1/2. 22