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für unrichtig gehalten und es für überflüssig und für inopportun
angesehen hat, solches ausdrücklich zu erwähnen. Immerhin hätte
bei einer objektiven Erörterung der wichtigen Verfassungsfrage
der frühere Standpunkt als ratio dubitandi nicht unerwähnt
bleiben dürfen 3.
Die Motive zu dem Entwurf des Gesetzes, wie er dem Reichs-
tag vorgelegt wurde, wiederholen wörtlich die Ausführungen aus
dem preußischen Antrag. Man hat sich damals wohl auf die
Autorität des preußischen Justizministers für die in Frage stehende
wichtige staatsrechtliche Erörterung verlassen. Der Umstand, daß
die Reichsregierung, während sie die Ansprüche der auswärtigen
Staaten aus den Schiffahrtsverträgen schonen zu müssen glaubte,
sich das Recht beilegte, die bezüglichen Verträge der Bundes-
staaten unter einander aufzuheben, ist so auffallend, daß er auch
bei einem Mitglied der Reichstagskommission, welche zur Bera-
tung des Entwurfs niedergesetzt war, Bedenken erregte. In diesem
Anlaß fand eine „ausgiebige Diskussion“ der Frage in der Kom-
mission statt. Dabei wurde seitens der Regierungsvertreter er-
klärt und nachgewiesen, daß nie ein Zweifel bestanden habe dar-
über, daß Verträge zwischen Bundesstaaten durch Reichsgesetz
außer Kraft gesetzt werden können. Auch ein Mitglied der
Kommission bemerkte, daß die Reichsverfassung dem Reiche die
Kompetenz verleihe, landesrechtliche Bestimmungen abzuändern,
auch Verträge zwischen den einzelnen Bundesstaaten. Speziell
führte ein Vertreter des Reichsjustizamts aus:
® Bei der wichtigen Rechtsfrage. um welche es sich hier handelt, darf
man es als unzweifelhaft ansehen, daß den preußischen Justizminister für
den Vorschlag des Entwurfs und dessen Begründung hauptsächlich die Ver-
antwortlichkeit trifft. Es versteht sich von selbst, daß der Justizminister,
da er erst, nachdem die Frage der Einführung der Schiffahrtsabgaben akut
geworden war, sein Amt erlangt hat, auf dem Standpunkt der preußischen
Regierung steht. Dieser Parteistandpunkt kann aber, wie mir scheint, den
Mangel an Objektivität in der Begründung nicht entschuldigen, denn die
Begründung stellt sich nicht als eine Parteierklärung dar, sie gibt sich den
Anschein, als ob sie die Frage objektiv erörtere.