Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

— 35 — 
für unrichtig gehalten und es für überflüssig und für inopportun 
angesehen hat, solches ausdrücklich zu erwähnen. Immerhin hätte 
bei einer objektiven Erörterung der wichtigen Verfassungsfrage 
der frühere Standpunkt als ratio dubitandi nicht unerwähnt 
bleiben dürfen 3. 
Die Motive zu dem Entwurf des Gesetzes, wie er dem Reichs- 
tag vorgelegt wurde, wiederholen wörtlich die Ausführungen aus 
dem preußischen Antrag. Man hat sich damals wohl auf die 
Autorität des preußischen Justizministers für die in Frage stehende 
wichtige staatsrechtliche Erörterung verlassen. Der Umstand, daß 
die Reichsregierung, während sie die Ansprüche der auswärtigen 
Staaten aus den Schiffahrtsverträgen schonen zu müssen glaubte, 
sich das Recht beilegte, die bezüglichen Verträge der Bundes- 
staaten unter einander aufzuheben, ist so auffallend, daß er auch 
bei einem Mitglied der Reichstagskommission, welche zur Bera- 
tung des Entwurfs niedergesetzt war, Bedenken erregte. In diesem 
Anlaß fand eine „ausgiebige Diskussion“ der Frage in der Kom- 
mission statt. Dabei wurde seitens der Regierungsvertreter er- 
klärt und nachgewiesen, daß nie ein Zweifel bestanden habe dar- 
über, daß Verträge zwischen Bundesstaaten durch Reichsgesetz 
außer Kraft gesetzt werden können. Auch ein Mitglied der 
Kommission bemerkte, daß die Reichsverfassung dem Reiche die 
Kompetenz verleihe, landesrechtliche Bestimmungen abzuändern, 
auch Verträge zwischen den einzelnen Bundesstaaten. Speziell 
führte ein Vertreter des Reichsjustizamts aus: 
® Bei der wichtigen Rechtsfrage. um welche es sich hier handelt, darf 
man es als unzweifelhaft ansehen, daß den preußischen Justizminister für 
den Vorschlag des Entwurfs und dessen Begründung hauptsächlich die Ver- 
antwortlichkeit trifft. Es versteht sich von selbst, daß der Justizminister, 
da er erst, nachdem die Frage der Einführung der Schiffahrtsabgaben akut 
geworden war, sein Amt erlangt hat, auf dem Standpunkt der preußischen 
Regierung steht. Dieser Parteistandpunkt kann aber, wie mir scheint, den 
Mangel an Objektivität in der Begründung nicht entschuldigen, denn die 
Begründung stellt sich nicht als eine Parteierklärung dar, sie gibt sich den 
Anschein, als ob sie die Frage objektiv erörtere.
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.