Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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Gewicht darauf legt, daß die Bestimmungen der Verträge zwischen 
den einzelnen Bundesstaaten vom Standpunkt des Reichsstaais- 
rechts zweifellos nichts anderes als landesrechtliche Normen seien, 
denen nach Art. 2 R.V. die Reichsgesetze vorgingen. Dieses ist 
selbstverständlich, die Frage liegt auf einem ganz anderen Gebiet. 
Es handelt sich darum, ob die Reichsgesetzgebung materiell durch 
den Grundsatz gebunden ist, daß wohlerworbene Rechte auch von 
der Gesetzgebung zu respektieren sind, und ob die fraglichen Ver- 
tragsrechte der einzelnen Bundesstaaten gegeneinander zu den 
wohlerworbenen Reehten gehören. 
Das Reichsjustizamt beruft sieh nun zunächst auf die Dar- 
legungen bei Laband. Dort heißt es: „Die auf Grund von Staatsver- 
trägen von den einzelnen Staaten erlassenen Vorschriften verlieren 
ipso jure ihre Gültigkeit, sobald das Reich durch Gesetz eine 
andere Vorschrift sanktioniert. Die Vorschrift muß vor der höheren 
Macht (des Reiches) weichen. Das Reich kann zwar sehr erhebliche 
Gründe haben, die von den Einzelstaaten geschlossenen Staats- 
verträge bei der Reichsgesetzgebung zu berücksichtigen. Wenn 
das Reich aber ein Gesetz erläßt, so beseitigt dasselbe nach Art. 
2R.V. alle mit ihm in Widerspruch stehenden landesgesetz- 
lichen Vorschriften, auch die infolge eines Staatsvertrags ergan- 
genen. Jeder auswärtige Staat kennt die rechtliche Lage der 
deutschen Einzelstaaten oder muß sich vor dem Abschluß eines 
Vertrages mit ihnen diese Kenntnis verschaffen; wenn er sich 
trotzdem darauf einläßt, ein solches Rechtsgeschäft abzuschließen, 
so weiß er auch, daß sein Gegenkontrahent sich gar nicht anders 
verpflichten kann, als unter dem selbstverständlichen Vorbehalt, 
daß die von ihm erteilten Zusicherungen nicht in Widerspruch 
sich befinden mit den verfassungsmäßigen Befehlen des Reiches.“ 
Wie sich aus dem letzten Teil klar ergibt, beziehen diese Aus- 
führungen sich nur auf die nach der Gründung des Reiches von 
den einzelnen Staaten geschlossenen Staatsverträge. Die Erklärung 
des Reichsjustizamts, daß es nach den Ausführungen von Laband
	        
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