Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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greifen darf. Pütter” bemerkt, es müsse „für alle Regenten 
und Öbrigkeiten eine goldene Regel sein und bleiben, daß selbst 
die höchste Gewalt nicht berechtigt ist, jemandem sein Eigen- 
tum oder wohl erworbenes Recht zu nehmen“®. Ist es dem 
Staate in einem einzelnen Falle unmöglich, solche Rechte zu 
respektieren, so hat er Entschädigung zu leisten. Die Regel be- 
.zıeht sich auf alle wohlerworbenen Rechte, nicht bloß auf Ver- 
mögensrechte. Es ist auch kein Grund vorhanden, sie auf das 
Privatrecht zu beschränken und sie nicht ebenfalls auf das öffent- 
liche, insbesondere auf das Staats- und Völkerrecht zur Anwendung 
zu bringen. Der Grund, worauf die Regel beruht, ist die Rechts- 
sicherheit. Die Bevölkerung muß sich in Ruhe auf den Genuß 
ihrer Rechte verlassen können. Sie muß von der Besorgnis frei 
sein, daß sie in ihrem Rechtskreis durch ein Eingreifen der Ge- 
setzgebung plötzlich geschmälert werden könne. Dieses trifft für 
alle Rechtsgebiete zu ”. 
?” Beiträge zum deutschen Staats- und Fürstenrecht, Th. I Nr. XX S. 361. 
8 Vgl. auch von Berg, Abhandlungen zur Erläuterung der rheinischen 
Bundesakte, S. 265. 
9 Bei CRAMER, Wetzlarische Nebenstunden, Th. 164, S. 607 heißt es: 
„Jedermann sieht den großen Unterschied, welcher hier.... zwischen 
indifferenten Sachen und solchen, welche jura quaesita betreffen, gemacht 
wird, und daß zu diesen letzteren namentlich die Privilegia, Landes- 
verträge und altübliches Herkommen gerechnet werden.“ STRUBE, Recht- 
liche Bedenken, V. Teil, 2. Aufl, Von Regierungs- und Justizsachen, sect. 2 
$ 8 lit. b (p. 29) bemerkt: „Die höchste Obrigkeit mag mittelst keiner 
Landeskonstitution etwas anordnen, welches die durch verbindliche Privi- 
legia, Landesverträge und sonst erhaltene Gerechtsame der Stände und 
Untertanen schmälert, denn sonst wäre es ein leichtes, diese um alles zu 
bringen und eine ganz arbiträre Gewalt einzuführen.“ Durch ein Kon- 
klusum des Reichs-Hofrats vom 19. Okt. 1724 wird in einem Rechtsstreit 
zwischen dem Herzog von Mecklenburg und der Ritter- und Landschaft 
dem Herzog untersagt, ohne Zustimmung der Ritter- und Landschaft etwas, 
so derselben Privilegiis, Landesverträgen und Herkommen, denen 
Reichssatzungen, kaiserlichen Verordnungen und fürstlichen Resolutionen, 
einfolglich ihrer dadurch erlangten Rechte, zuwider, zu verordnen. — Durch 
die Rheinbundsakte aus dem Jahre 1806 wurden die Mitglieder dieses 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX. 3. 24
	        
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