Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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Vertragsrechten gegen andere Bundesstaaten aufgäben, vielmehr 
wird in der Einleitung der deutschen Verfassungsurkunde als 
Zweck des Bundes auch der Schutz des in dem Bundesgebiet 
gültigen Rechts angegeben. Bezüglich der nach der Gründung des 
Norddeutschen Bundes oder des Deutschen Reichs geschlossenen 
Verträge läßt sich vielleicht sagen, daß diese unter dem selbst- 
verständlichen Vorbehalt geschlossen würden, die darin begründeten 
Rechte sollten nur so lange geltend gemacht werden dürfen, bis 
die Bundesgesetzgebung eingreife!°. Dieses würde aber für die 
früher geschlossenen Verträge nicht zutreffen. Es wird auch jetzt 
noch sowohl von der preußischen Staatsregierung wie von dem 
Reiche anerkannt, daß die Verträge, welche zwischen Bundes- 
staaten untereinander und zugleich mit einem auswärtigen Staate 
geschlossen sind, dem ausländischen Staat gegenüber aufrecht er- 
halten werden müssen. Worauf beruht diese Unterscheidung 
zwischen den Bundesstaaten und den auswärtigen Staaten? Doch 
wohl auf keinem materiellen Rechtsgrund, sondern darauf, daß 
der deutsche Bundesstaat, welchem durch die Reichsgesetzgebung 
sein Vertragsrecht gegen einen anderen Bundesstaat entzogen wird, 
einer solchen Maßregel gegenüber wehrlos is. Mit anderen 
Worten, die Frage wird nicht als eine Rechts- sondern als eine 
Machtfrage angesehen. Der Zweck des Bundes, das in dem Bundes- 
gebiet gültige Recht zu schützen, wird außer Acht gelassen. 
Bismarck wurde einmal unterstellt, sich dahin ausgesprochen zu 
haben, Macht geht vor Recht; er verwahrte sich entschieden 
gegen eine solche Unterstellung. Das war im Jahre 1863, ist also 
lange her. Wie steht es hiermit jetzt? Wie verhält sich ins- 
besondere der Art. V des Gesetzes vom 24. Dezember 1911 zu 
diesem Satze? 
Was .die Konsequenzen, welche die Auffassung der Reichs- 
regierung und der preußischen Staatsregierung mit sich bringt, 
10 Vgl. hierüber Archiv für öffentliches Recht Bd. 29, S. 79 ff.
	        
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