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bemühen, klare und praktisch brauchbare Ergebnisse zu gewinnen.
Zu diesen Autoren gehört zweifellos ERICH JUNG mit seinem
neuen Werke Das Problem des natürlichen Rechts!.
Die ehrenvolle Einladung der Herausgeber der vorliegenden
Zeitschrift, dieses Buch zu rezensieren, traf mich in einem Zeit-
punkt, in welchem ich aus äußeren Gründen Verpflichtungen zu
umfangreichen rechtspolitischen und rechtsdogmatischen Arbeiten
übernommen hatte, und in welchem ich daher für längere Zeit auf
die Vollendung begonnener rechtsphilosophischer Studien über die
Rechtsquellen verzichtet hatte. Ich konnte nun der Versuchung
nicht widerstehen, der Rezension einen etwas größeren Umfang
zu geben, um mich doch wenigstens mit einem der Führer der
neuen Richtung kurz auseinandersetzen zu können, wenn ich es
schon zurzeit nicht mit allen tun oder gar eigene Theorien erörtern
kann. Doch hätten die persönlichen Gründe nichts zu sagen, wenn
ihnen nicht sachliche zur Seite stünden. Dies trifft hier sicherlich
zu. Vor allem ist JUNGs Werk, man mag ihm nun zustimmen
oder nicht, von solchem Interesse, daß eine etwas ausführlichere
Besprechung gewiß am Platz ist. Dazu kommt noch ein zweites.
Wenn in diesen Zeilen von einer „neuen Riehtung“ die Rede ist,
so ist das Wort Richtung in einem sehr übertragenen Sinne ge-
braucht. Die einzelnen Schriftsteller weichen oft selbst in den
grundlegendsten Fragen untereinander außerordentlich ab und das
allen Gemeinsame- liegt fast nur in der Kritik oder in der Nega-
tion des Bestehenden, keineswegs in einer durch ein positives Ziel
bestimmten für alle gleichen „Richtung.“ Dieser Umstand er-
schwert die Darstellung und Beurteilung der Bewegung als Ganzem
und legt es nahe, vorerst zu den Lehren einzelner führender
Autoren oder zu einzelnen führenden Werken Stellung zu nehmen.
Eine solche Stellungnahme soll hier yersucht werden.
! Dr. jur. et phil. ErıcH Jung, oö. Professor der Rechte an der
Universität Straßburg, Das Problem des natürlichen Rechts. Leipzig,
Duncker & Humblot, 1912. IV und 334 8. Preis M. 8.—.