Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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künftigen Fällen werde beobachtet werden. Daher gewinnt schon 
die bloße Veränderung des bisherigen Verhaltens den Charakter 
einer Verletzung derjenigen, die sich auf den bisherigen Zustand 
verließen. Also auch ein Verhalten, das für sich genommen noch 
keine Verletzung anderer bedeuten würde, kann durch seinen 
historischen Zusammenhang zu einer solchen werden, d.h. zu 
etwas, das sich ein anderer nicht gefallen zu lassen braucht 
(5.107). So entsteht das „regelhafte* Recht und Unrecht. Die 
ältere Form ist das Gewohnheitsrecht. Später werden planmäßig 
Gesetze ausgearbeitet, um ein möglichst gleichmäßiges Handeln 
der Rechtsgenossen zu erzielen (S. 103). Bleiben aber die formellen 
Rechtsquellen sehr stationär und entstehen dadurch große Diffe- 
renzen zwischen dem überlieferten und dem unmittelbar empfun- 
denen Recht, so kann es allerdings eine Lage geben, in welcher 
die in der Abweichung von der Ueberlieferung liegende Verletzung 
des einen Interessenten als minder gewichtig empfunden wird 
gegenüber dem, was durch die Beibehaltung der Tradition dem 
anderen Teil zugemutet wird, wo also die unmittelbare über die 
abgeleitete Verletzungsempfindung siegt. „Wo die Verletzung bei 
Befolgung des historischen Rechts größer erscheint als die aus 
der unvermittelten Einführung neuen Rechts für den anderen 
Interessenten sich ergebende Verletzung, da ist geltendes Recht 
das, was die schwerere Verletzung verhütet; gelten bedeutet im 
letzten Grunde allemal nur ein beherrscht werden der 
Gemüter, in denen die maßgebende Verletzungsempfindung 
sich bildet“ (8.127). So kommt es auch bei höchstentwickelter 
Rechtskultur als eine „wenn man will, abnorme oder patholo- 
gische* Erscheinung immer wieder einmal vor, daß „konkrete 
Rechtsaussagen inhaltlich in Widerspruch zur vorhandenen all- 
gemeinen Regel stehen“ (8. 323). 
Das regelhafte Recht ist demnach ein abgeleitetes und seine 
Geltung ist eine bedingte (109, 128, 323, 324 u. a.). Die Sicher- 
heit der Rechtsordnung wird durch diese Lehre nicht gefährdet;
	        
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