Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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heit des menschlichen Denkens zur Annahme von natürlichen 
Rechtssätzen führen. Dann ist das natürliche Recht ursprüngliche 
Rechtsquelle ebenso wie das Gesetzes- und Gewohnheitsrecht. Bei- 
spiele sind im Verwaltungsrecht, das wohl in allen Staaten 
zahlreiche klaffende „echte Rechtslücken* aufweist, mühelos zu 
finden. 
Die historische Schule und die unter deren Einfluß entstandene 
heute vorwiegende Meinung beruft sich nun häufig auf die „Natur 
der Sache“ als ein Mittel der Gesetzesauslegung. JUNG und andere 
Vertreter der neuen Bewegung entgegnen, daß dies ein Zurück- 
gehen auf das Rechtsgefühl, auf die BRechtsfindung, bedeute 
und daß damit das Dogma von der Geschlossenheit der Rechts- 
ordnung aufgegeben sei. Diese Einwendung ist sicherlich unbe- 
gründet, wenn und soweit natürliches Recht in dem erörterten 
Sinne entweder als ein wirkliches Interpretationsmittel heran- 
gezogen wird oder als ein vermeintliches, wo in Wahr- 
heit eine dritte ursprüngliche Rechtsquelle zur Ausfüllung nicht 
erkannter oder hinwegdisputierter echter Lücken des Gesetzes- oder 
Gewohnheitsrechtes dient. 
Berücksichtigt man, was eben über die Erfahrungssätze und 
das natürliche Recht ausgeführt wurde, so vermindern sich Zahl 
und Umfang der echten Rechtslücken gegenüber den Annahmen 
JUNGs und anderer Schriftsteller ganz bedeutend. Immerhin bleiben 
noch genug Lücken übrig. So namentlich im Verwaltungsrecht, 
das wohl in keinem modernen Kulturstaat auch nur annähernd 
lückenlos geregelt sein dürfte. Im Privatrecht freilich mögen auf 
dem Boden mancher Rechtsordnung die materiellen Rechtslücken, 
diejenigen Materien, welche weder vom Gesetz mittelbar durch Ver- 
wertung von Erfahrungssätzen oder von natürlichen Rechtssätzen 
noch unmittelbar von natürlichen Rechtssätzen geregelt sind, selten 
sein. In der Tat ist es auffallend, daß die Verteidiger der logischen 
Geschlossenheit, denen eine materielle Lückenlosigkeit vorschwebt, 
wie.es scheint, fast ausschließlich Vertreter der Privatrechtsdisziplinen
	        
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