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klären lasse, und zwar nach meiner Ueberzeugung selbst dann
nicht, wenn man unter den Rechtsgenossen nur die Angehörigen
der herrschenden Klassen versteht. Es sei an dieser Stelle noch-
mals hervorgehoben, daß die Erörterung derartiger grundlegender
Probleme einer späteren Gelegenheit vorbehalten bleiben muß.
JUNG könnte nun gegen das Vorgebrachte mit dem Hinweis
darauf replizieren, daß er sein Thema von vornherein im wesent-
lichen auf das Gebiet der Rechtspreehung in Zivilsachen be-
schränkt habe und daß es schon ein außerordentlicher Gewinn
wäre, wenn auch nur in diesem Teil des Rechtes Klarheit über
die aufgeworfenen Fragen geschaffen würde. Gewiß trifft beides
zu. Allein wer nur ein Spezialgebiet behandelt, wäre es auch
ein noch so großes und wichtiges, und es bewußt in Gegensatz
zu den anderen Gebieten setzt, der sollte sich der Aufgabe nicht
entziehen, es abzugrenzen. Daß JUNG dieser Abgrenzung kaum
die ihr gebührende Aufmerksamkeit gewidmet hat, geht schon
daraus hervor, daß er bald von Privat- oder Zivilrecht, bald von
jus inter singulos spricht, obwohl diese Ausdrücke in dem heute
in der juristischen Literatur üblichen Sprachgebrauch ganz Ver-
schiedenes bedeuten. Man denke nur an die sogenannten Partei-
sachen im Verwaltungsrecht, die, im Sinne der herrschenden Mei-
nung gesprochen, zu einem großen Teil sicherlich dem jus inter
singulos, dagegen nicht dem Privatrecht zuzurechnen sind. Allein
wenn uns JUNG auch eine ganz präzise Auskunft darüber erteilte,
daß er etwa nur das „Privatrecht“ und nicht auch das jus inter
singulos in anderen Rechtsgebieten behandle, so wäre uns immer
noch nicht erklärt, warum er ohne jede Begründung und ohne jede
Kritik das Dogma von der Zweiteilung des Rechtes in ein öffent-
liches und ein privates Recht übernommen und zur Grundlage
für die Absteckung der Grenzen der Untersuchung gemacht hat,
obwohl dieses Dogma doch auf dem Boden der alten Rechtsquellen-
lehren entstanden oder wenigsten ausgebildet worden ist, die der
Verfasser bekämpft.
Archiv des öffentlichen Rechte. XXX. 3. »6