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Staatssekretärs der Vereinigten Staaten ELIHU Ro0oT von 1906
und des jetzigen Staatssekretärs PHILANDER C. KNnoxX aus 1912,
die alle deutlich erkennen ließen, daß die Vereinigten Staaten die
Monroedoktrin in keiner Weise benutzen wollten, um auf Kosten
anderer ihre Grenzen zu erweitern. Eine Erklärung, wie er sie
vorschlage, würde sofort die Behauptung, daß die Monroedoktrin
nichts weiter als ein politischer Leitsatz für die Vereinigten
Staaten sei, zum Schweigen bringen. Er wisse wohl, daß auch
Amerikaner diese Auffassung verträten. Sie würde aber jeden-
falls unberechtigt sein, sobald alle amerikanischen Staaten über-
einstimmend in einem Vertrage die Monroedoktrin für sie als
bindend bezeichneten. Daß man in Europa ihr nach wie vor
die Bedeutung eines völkerrechtlichen Grundsatzes absprechen
werde, sei anzunehmen. Aber, wenn z. B. der englische Völker-
rechtslehrer L. OPPENHEIM die Anschauung vertrete, den euro-
päischen Staaten stehe es, vom Standpunkt des Völkerrechts aus,
völlig frei, in Amerika oder sonstwo Land zu erwerben, und auch
für die Intervention europäischer Mächte gälten gegenüber den
amerikanischen Staaten keine anderen Reehtssätze wie gegenüber
nichtamerikanischen Ländern, so müsse jeder Einsichtige und Un-
parteiische, der die Geschichte seit 1823 verfolgt habe, zu der
Erkenntnis kommen, daß solche Ansichten törieht (absurd) seien.
„Die europäischen Staaten haben nicht einen Fußbreit amerikani-
schen Bodens erworben, seit Amerika unabhängig ist, und wenn
sie jetzt solchen Erwerb versuchen wollten, so würden sie an
demselben Hindernis wie ehedem scheitern.“ „Sowohl das politi-
sche Gleichgewicht wie vor allem der Schutz des Weltfriedens
verlangen, daß die Monroedoktrin, die doch tatsächlich von allen
Staaten angenommen und geachtet wird, bei ihnen auch als ein
Grundsatz des Völkerrechts Anerkennung findet. Wenn die
nächste Haager Konferenz ein so naheliegendes, spruchreifes Er-
gehnis bringen sollte, so würde eine Hauptquelle der Verstin-
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