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gänzliche Befreiung von der Gebäudesteuer zu gewähren, wobei
jedoch, um die Vorteile des Gesetzes auch wirklich den Arbeitern
zugute kommen zu lassen, das gewünschte Ziel, Verbilligung
der Arbeiterwohnungen, gleich von vornherein in einer festen,
starren Umgrenzung des einzuhebenden Mietzinses pro m?
bewohnbaren Raumes (z. B. in Wien mit 3 K 50 h) vorweg-
genommen wurde. Gerade dadurch wurde das Schicksal des Ge-
setzes besiegelt-e Denn mit den starren, sich dem individuellen
Falle nicht anpassenden Mietzinsgrenzen war nichts anzufangen,
eine halbwegs entsprechende Rentabilität dieser Bauten nicht zu
erzielen, und so blieb das Gesetz zum größten Teile wirkungslos.
Das nächste Gesetz ähnlicher Art, welches sich jedoch eben-
falls grundsätzlich auf die Herstellung von Wohnungen für Ar-
beiter und diesen gleich gehaltene Kreise beschränkt, war das
heute noch geltende Gesetz vom 8. Juli 1902, RGBl. Nr. 144.
Auch dieses Gesetz räumt für Neu- und Umbauten, welche Ar-
beiterwohnungen enthalten, eine 24 jährige vollständige Befreiung
von der Gebäudesteuer ein, wozu noch die zur Bedingung für die
Anwendung des Gesetzes gemachte Befreiung von allen Landes-
und Bezirkszuschlägen und mindestens 50 % Ermäßigung der
Gemeindezuschläge seitens der betreffenden autonomen Körper
kommt. Wie ersichtlich, handelt es sich also sogar um recht
weitgehende Begünstigungen.
Auf die Details dieses Arbeiterwohnungsgesetzes, welches
mit der jüngsten Gesetzgebung auf dem Gebiete der Wohnungs-
fürsorge nicht im unmittelbaren Zusammenhange steht, ist hier
nicht weiter einzugehen. Die zahlreichen Bedingungen des Ge-
setzes (Einkommensgrenze für die aufzunehmenden Arbeiter, Be-
grenzung der zulässigen Rentabilität solcher Gebäude, baulich-
sanitäre Kautelen usf.) haben sich bisher stets als das stärkste
Hindernis für seine Anwendung erwiesen .
5 Siehe hiezu die Abhandlung des Verfassers: „Der gegenwärtige Stand
der Wohnungsgesetzgebung usf.“ in dieser Zeitschrift, Jahrg. XXIII 1908
Heft 2 8. 244 f.