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‘aber ihre Tätigkeit war häufig durch den Mangel an eigenem
Kapital wie durch die allgemeine Geldknappheit unterbunden.
Der 3. Weg, den die Fürsorgeaktion der Gesetzgebung einge-
schlagen hat, verfolgt das Ziel, die Beschaffung des erforderlichen
verbauungsfähigen Bodens den Trägern der gemeinnützigen Bau-
tätigkeit zu erleichtern. Diesem Zwecke sollte die Einführung
des Erbbaurechtsinstitutes dienen.
It. Das Erbbaurecht.
Im heurigen Frühjahr ist ein für die Zukunft der Wohnungs-
fürsorge in Oesterreich außerordentlich wichtiges und durchaus
modernes Gesetz ins Leben getreten, das merkwürdigerweise in
weiteren Kreisen der Oeffentlichkeit ziemlich unbeachtet blieb,
ja von dessen Existenz abgesehen von den interessierten Fach-
kreisen nur wenig bekannt wurde. Es ist dies das Gesetz vom
26. April 1912 R. 86, durch welches in Oesterreich das Erbbau-
recht eingeführt wurde. Und doch ist dieses Gesetz der erste
Versuch, das alte Institut der Bodenleihe im Wege eines Spezial-
gesetzes einem modernen wirtschaftspolitischen Gedanken dienst-
bar zu machen. Während sich Deutschland und die Schweiz mit
einer knappen für die Wohnungsfürsorge völlig unzureichenden
Normierung im Rahmen des bürgerlichen Gesetzbuches behalfen,
ist Oesterreich auf diesem Gebiete tatsächlich bahnbrechend vor-
gegangen. Das hier gegebene Beispiel dürfte übrigens alsbald
auch in Deutschland selbst Nachahmung finden. Denn die 6 Pa-
ragraphen, welche sich im deutschen bürgerlichen Gesetz-
buche mit dem Erbbaurechte befassen, sind so wie die betreffen-
den Artikel des schweizerischen Zivilgesetzbuches und die
8 Paragraphen des holländischen bürgerlichen Gesetzbuches,
ferner die lediglich auf verwandter Rechtsgrundlage beruhenden
Bestimmungen des österreichischen allgem. bürgerl. Gesetzbuches
über Bodenzinsrechte und Superädifikate der Hauptsache nach
lediglieh Rudimente abgestorbener Rechtsformen des geteilten