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Bodeneigentums, die insbesondere für weitergehende wohnungspo-
litische Zwecke der Errichtung von Kleinwohnungsbauten auf
fremdem Grunde und der Belehnung dieser Baurechte so gut wie
gar nicht brauchbar erscheinen. Hat so Oesterreich zuerst unter
allen Staaten sich entschlossen, durch ein den Bedürfnissen der
Wohnungsfürsorge angepaßtes Spezialgesetz das alte Rechtsinstitut
in neue lebensfähige Formen zu gießen, so ist damit zugleich auch
ein weiterer wichtiger Schritt in der Annäherung des Zivilrechtes
an die Bedürfnisse der modernen Volkswirtschaft getan. Der un-
auflösliche, häufig von der Gesetzgebung nur künstlich unterbun-
dene Zusammenhang zwischen Wirtschaft und Recht hat
hier seine siegreiche Kraft gezeigt.
Welche Wichtigkeit dem Erbbaurecht gerade unter den heu-
tigen wirtschaftlichen Verhältnissen im gesamten Rechtsbewußt-
sein zuerkannt wird, haben die Beratungen des jüngst in Wien ab-
gehaltenen 31. Deutschen Juristentages gezeigt, auf dessen
Tagesordnung unter einer Reihe anderer mit akuten wirtschaftpoli-
tischen Fragen zusammenhängender Beratungsgegenstände insbeson-
ders auch an erster Stelle das Erbbaurecht gestanden hat. Allvemein
wurde die hohe Bedeutung des in Oesterreich geschaffenen Ge-
setzeswerkes beifällig anerkannt und die Notwendigkeit betont,
auch in Deutschland diese Rechtspartie außerhalb des Rahmens
des bürgerlichen Gesetzbuches durch ein Spezialgesetz zu regeln.
Der wirtschaftliche Gedanke, welcher dem „Erbbaurecht“, oder
wie das östereichische Gesetz in Anlehnung an das schweizerische
Zivilgesetzbuch in nicht ganz zweekmäßiger Terminologie sagt,
dem „Baurecht“ zugrunde liegt, ist der, die Herstellung von Ge-
bäuden und Wohnungen dadurch zu erleichtern, daß nun nicht
mehr unter allen Umständen auch der Grund und Boden vom
Bauführer zu Eigentum erworben werden muß, sondern unter voller
Sicherung des von ihm beabsichtigten privatwirtschaftlichen wie
sozialpolitischen Zweckes auch auf fremdem Grund und Boden
gegen einen Leihzins gebaut werden kann. Dadurch entfällt na-