Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

— 4897 0 — 
Essays, die sein Buch vereint, erschöpft sich in geistreichen Glossen. Ueberall 
ist ein bestimmter Entwicklungsgedanke herausgearbeitet. 
Kritik in ihrer schwierigsten Form, wie sie nur ein überlegener Kopf 
sich erlauben darf: nämlich ohne Polemik — Kritik der Ansichten ohne 
Besprechung der abgelehnten Autoren — macht ein gut Teil der Betrach- 
tungen VAUTIERS aus. Was er z.B. über „Recht und Soziologie“ sagt, ist eine 
so nüchterne Zurückführung der wilden unter dem Schlagwort Soziologie 
segelnden Dialektik, daß jeder Soziologe hieran messen könnte, ob er ge- 
sunde Ziele verfolgt oder ob er wissenschaftliche Freibeuterei treibt. 
Nicht gerade neu, aber sehr hübsch gefaßt sind die Bemerkungen über „das 
monarchische Prinzip in Deutschland‘. Aktuell für uns und von einer 
hohen Auffassung des Juristenberufs diktiert sind die Ausführungen über 
den juristischen Unterricht. 
® Aus einem fast schon vergessenen Fall, der Dreyfus-Affäre, weiß Vau- 
tier Beobachtungen zu schöpfen, die bleibenden Wert haben. Auch in den 
nichtjuristischen Abhandlungen: über „das ästhetische Wohlgefühl“, über 
den „Machiavellismus“, über „Reichtum, Kredit, Kapital“ usw. zeigt sich jene 
Vertiefung und Abstraktionskraft, die gerade dem Juristen das Problem 
interessant macht, weil er sieht, daß mit seinem geistigen Handwerkszeug 
gearbeitet wird. 
Da das Buch auf systematische Verschmelzung verzichtet, darf das 
Wort „Philosophie“ im Titel nicht ganz streng — oder besser, muß im 
ursprünglichen wörtlichen Sinn genommen werden. Eine philosophische 
Zusammenfassung müßte alle Beiträge stark läutern und sich höher über 
die Welt der wechselnden Erscheinungen stellen. Es ist bei uns unbeliebt 
einer Behandlung der ganzen Materie eine Reihe von — sagen wir: 
Gedankenübungen an einzelnen Fragen vorausgehen zu lassen; nicht 
monographisch, sondern als Bruchstücke des bereits konzipierten Gesamt- 
systems. Für den Autor ist das jedenfalls eine ausgezeichnete Vorarbeit. 
Vielleicht gibt uns Vautier, der bei aller französischen Art doch, schon in 
seinem Stil, etwas von der nützlichen germanischen Nüchternheit und 
Festigkeit verrät, einmal eine wirkliche Sozialphilosophie. 
Özernowitz. Dungern. 
Walter Aschburner A. A. 
NOMOZ POAIQN NATTIKOZ 
The Rhodian See-law, editet from the manuscripts. Oxford, at the 
Clarendon Press, 1909, CCXCVI und 132 S. 8°, 
Diese Ausgabe ist jetzt die beste. Eine Kritik des Textdrucks und 
des.Glossars wird an dieser Stelle nicht erwartet werden. Der Autor hat 
38 Handschriften sorgfältig verglichen. Die Uebersetzung — mit reich- 
lichem philologischen Kommentar — ist gut und klar. Sehr wertvoll ist 
die ausführliche Einleitung. Sie gibt außer einem literarischen Ueberblick
	        
Waiting...

Note to user

Dear user,

In response to current developments in the web technology used by the Goobi viewer, the software no longer supports your browser.

Please use one of the following browsers to display this page correctly.

Thank you.