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eine ausgezeichnete Uebersicht über die Entstehungsgeschichte der Lex
Rhodia und eine umfassende dogmatische Darstellung, die sich teils auf
einen Vergleich der Rechtsmaterie mit der anderer Rechtsquellen, vor allem
der Basiliken, teils auf einer systematischen Abhandlung unter Heranziehung
italienischer Statuten aufbaut.
Das Studium des internationalen Rechts im Mittelalter wird in wach-
sendem Maße gepflegt und beachtet. Dadurch sind juristisch instruierte
Neuausgaben wie die vorliegende ein Bedürfnis geworden. Gibt es in
Deutschland keinen Juristen, der als Philologe firm genug ist, um sich an
eine neue kritische Ausgabe und Uebersetzung der gewaltigsten gesetz-
geberischen Leistung heranzuwagen, die das Mittelalter fertiggebracht hat:
die Gesetze Kaiser Friedrichs II? Sonst wird uns auch da das Ausland
zuvorkommen, dem wir jetzt schon — Italienern und Franzosen — die
einzigen vollen Wertungen dieser Dokumente eines Geistes von unerhörter
organisatorischer Kraft zu danken haben. Allerdings, das Latein der sizi-
lianischen Kanzlei Friedrichs ist vielleicht noch verfänglicher wie das mittel-
alterliche Griechisch.
Ozernowitz. Dungern.
Duguit, Traite de droit constitutionnel. Tomel. Theorie gene-
rale de l’Etat (les el&ments, les fonctions, les organes de l’Etat, les
agents publics). Tome II. Les libertes publiques, organisation politique.
1911.
Bis vor Jahresfrist waren die Ideen L&on Ducuıts, des anerkannten
Begründers und Führers der „positivistischen* Staatsrechtslehre Frank-
reichs, in Deutschland verhältnismäßig wenig bekannt. Das muß wunder-
nehmen. Einmal, weil D. in zahlreichen, seit 1901 erschienenen Schriften !
eine völlig neue Lehre vom Staate begründet hat, die schon allein wegen
des eminenten Einflusses, die sie in Frankreich ausgeübt (bekennt sich
doch selbst ein Gaston JEZE? zu ihren Anhängern) eingehende Beachtung
verdiente. Sodann aber, weil kein anderer französischer Staatsrechtslehrer
in seinen Werken eine auch nur annähernd gleiche Belesenheit und Kennt-
nis der gesamten deutschen Wissenschaft vom Staat®, mit deren Lehren
ı ]’Etat, le droit objectif et la loi positive 1901, Y’Etat, les gouver-
nants et les agents 1903; Manuel le droit constitutionnel, Ier edition 1907,
IIe edition 1911, le droit social, le droit individuel et la transformation de
V’Etat Ier &d. 1908, IIer ed. 1911; Traite du droit constitutionnel, 1911.
2 Vgl. Jtze, les principes generaux du droit administratif, 1904, p.5 fl.
® Damit soll natürlich nicht gesagt werden, daß unsere Wissenschaft
nicht in Frankreich Bürgerrechte erworben hätte. Die Schriften KANTs,
HeEGeELs, IHERINGsS, JELLINEKsS sind dort längst unentbehrliches Rüstzeug
in der Hand der Staatsrechtler. Aber was D. vor seinen Landsleuten aus-