— 4% —
gegensetzen dürfe (II 171) und er hält auch eine Revolution zur Herbei-
führung des Sturzes einer „rechtswidrig“ handelnden Regierung für erlaubt
(II. 173), er wirft aber doch gleich selber die Frage auf, wie eine Gesell-
schaft bei der praktischen Durchführung dieser Thesen noch bestehen
könne?!., „La loi constitutionnelle (sic!) d’un pays ne peut le (sc. le droit
d’insurrection) reconnaitre sans jeter dans ce pays un ferment d’anarchie.“
Anstatt aber nun die Unrichtigkeit und Gefährlichkeit seiner Theorie zu
erkennen, beschwichtigt er die ihm selbst aufgestiegenen Bedenken damit,
daß er dem Staat die Pflicht auferlegt, eben solche Gesetze zu machen,
daß die von dem Verfasser selbst erkannten Gefahren überhaupt nicht auf-
kommen könnten! Fürwahr eine Lösung, die stark an die Geschichte vom
gordischen Knoten erinnert.
Habe ich die DuguItsche Lehre vom Staat im Allgemeinen ausführ-
lich darstellen zu müssen geglaubt, mit dem — auch in der Ablehnung des
Souveranitätsbegriffes und jeglicher Unterscheidung zwischen Privat- und
öffentlichem Recht (I S. 62) in die Erscheinung tretenden — Ergebnis, daß
sie sich mehr durch die Negierung altgewurzelter als durch die Begründung
brauchbarer neuer Auffassungen charakterisiert, so sollen nunmehr im
folgenden diejenigen Ausführungen des Verfassers wenigstens in ihren
Umrissen dargestellt werden, die von den Funktionen des Staates (Kapitel IT),
seinen Organen (Kapitel Ill), und dem Beamtenrecht (Kapitel IV) handeln.
Alsdann wird, gleichfalls nur in Kürze, auf die im 2. Band enthaltene Lehre
von den Freiheitsrechten (Teil 2 des Gesamtwerkes) und den dritten Teil
der das geltende Staatsrecht Frankreichs zum Gegenstand hat, einzugehen sein.
Zunächst wäre hier die Stellungnahme DU@UITs zu der wichtigen Frage zu
berichten, ob eine staatliche Entscheidungspflicht bei Erlaß eines, in fremde
Privatrechtssphäre eingreifenden Gesetzes gewährt werden muß. Diese
Frage kann dann natürlich zu keinem Zweifel Anlaß geben, wenn der Ge-
setzgeber zwar rechtswidrige, aber bisher nicht ausdrücklich verbotene Tätig-
keit trifft. Hier ist, auch bei Schädigung der Beteiligten, jegliche Ersatz-
pflicht ausgeschlossen. DusuIT geht weiter, denn er will im Einklang mit
dem conseil d’Etat, bei Schweigen des Gesetzes eine Entschädigung dann
gewähren, wenn die Tätigkeit an sich rechtmäßig ist, und eine Schädi-
gung des Subjekts der Tätigkeit durch das Gesetz begründet wird. Das
mag de lege facienda aus Billigkeitsgründen vielfach wünschenswert sein.
Die Annahme, daß trotz des Mangels gesetzlicher (vielfach verfassungsrecht-
licher [vgl. Expropriation] Grundlage eine Entschädigungspflicht begründet
sein könne, geht jedoch fehl und läßt sich nicht mit der Duevitschen
21 Etwas ganz anderes ist natürlich Widerstand gegen die Staatsgewalt
bei nicht rechtmäßiger Ausübung ihres Amtes. (Vgl. z. B. Tambaro,
i diritti publiei e le costituzioni moderne, 1910, S. 186 ff., die diese Frage
besonders eingehend behandelt),