Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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Denn für ihn ist auch die Welt der subjektiven Rechte nur eine er- 
fundene, eine in rerum natura nicht existierende. Als vorhanden erkennt 
er, wie wir gesehen, nur eine Regel an, die Regel, die wir schon so oft 
zitiert haben: „Handle wie es der gesellschaftlichen Solidarität entspricht, 
und handle ihr nie zuwider.“ Nimmt man objektives Recht und Gesetz als 
sich denkende Begriffe an, so sind, sobald das Recht durch das Hinzutreten 
eines individuellen Willens in die Erscheinung gebracht wird, nach D. 
3 Fälle möglich: Juristische Irrelevanz — dieser Fall scheidet ohne 
Weiteres aus — Einklang von Willen und objektivem Recht und Zweck 
dieses Willens, die Verpflichtung zu bestimmtem Tun zu begründen, situation 
juridique subjective, und 3. ZwIESPALT mit dem Recht. Betrachte man 
nur den 2. Fall, so müsse man, meint D., erkennen, daß die „situation 
juridique* etwas ganz anderes sei als das vinculum iuris, daß man bisher 
in allen Beziehungen zwischen zwei Rechtssubjekten allein gesucht habe. 
Es sei nun eine Eigenschaft der objektiven oder situation legale allgemein 
und auf die Dauer abgestellt zu sein, während wir es bei der situation 
juridique subjective zu tun hätten mit einer „situation individuelle, tem- 
poraire qui implique l’accomplissement d’une prestation concr&te determinee, 
et qui disparait lorsque cette prestation et executee“. (I S. 5) %. 
Schon MıcHouD ?” hat sich mit Recht gegen die Terminologie gewandt 
und pouvoir objecif, situation legale als identisch mit dem Begriff „sub- 
jektives Recht“ bezeichnet. Wiewohl er es nicht eingehender begründet 
hat, so glaube ich doch, daß er damit vollkommen das Richtige trifft. 
Denn wenn Du6GuIT pouvoir objectif als „pouvoir de toute volonte d’agir 
conformement au droit objectif“ definiert, so ist das eben nichts anderes 
als das subjektive Recht, d. h. die durch das objektive Recht dem Einzelnen 
gewährte Willensmacht. Die situation legale aber ist eine unnatürliche 
und wohl nicht nur für den an Justinians Digesten vorgebildeten Juristen 
unhandlicher Begriff. Ein Beispiel! Nach DusUıT ist der Steuerzahler in einer 
situation subjective: „Cette situation se suffit & elle-möme; et il est 
compl&tement inutile d’aller imaginer une personne publique, Etat ou autre, 
pour constituer le sujet actif de cette situation de droit. Cette obligation 
subjective du redevable n'implique point un droit correspondant chez uue 
personne publique mais seulement competence de la part des agents publics 
determine par la loi de faire certains actes pour assurer l’execution de la 
prestation, le payement de la redevance“ ®®. Beim Lesen dieser Sätze wird 
CHOUMENKOVITCH, les droits subjectifs des particuliers, these pour le 
doctorat, 1912, passim, bes, S. 13—15. Dort auch gute Bemerkungen gegen 
die positivistische Staatslehre, vgl. bes. S. 21—23, 64, 65, 168, 169. 
2° Vgl. auch I 225, 226. 
7 A. a. O. S. 508. 
8 ] 226.
	        
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