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„Räumliche Erweiterung der Gebietshoheit durch Rechtskonstruktion®
(S. 157—186). Die Ausdehnung des staatlichen Imperiums über die Staats-
grenzen hinaus, auf das Küstenmeer, auf Schiffe, auf die Luft, werden
eingehend dargestellt; die Frage des von SCHOLZ in einer früheren Ar-
beit sogenannten „Kabelterritorismus* und des „Kanaltunnels“ wenigstens
berührt. Der Aufsatz ist nicht nur anregend geschrieben, er schneidet zu-
gleich, wie schon diese Uebersicht zeigt, eine Reihe wichtiger und noch
nicht genügend beachteter Fragen an.
Gleichfalls auf noch wenig bearbeitetem Gebiet liegt GARGASs’ „völker-
rechtliche Regelung der modernen Wendungen‘. (8. 278—316; 478—509).
Hier finden wir außer einer Darstellung der — bisher leider erfolglosen —
Bemühungen des Instituts für Völkerrecht, eine Regelung der Ein- und
Auswanderungsfragen in größtem Stil durch internationale Abmachungen
herbeizuführen, die Geschichte der Einwanderungsgesetzgebung eingehend
dargestellt.
Eine Reihe von Arbeiten sind aktuellen Fragen gewidmet, dazu gehört
Horns Studie: „die Küstenbefestigungen an die Scheldemündung bei Vlis-
singen* (S. 369—383, im wesentlichen eine kritische Besprechung eines
Aufsatzes de Beer de Portugaels), die zu dem unseres Erachtens richtigen
Ergebnis gelangt, daß die Befestigung der Schelde zulässig ist, im übrigen
aber verschiedene Unrichtigkeiten enthält '.
Der Savarkarfall hat zwei Bearbeitungen gefunden, beide — die eine
aus der Feder JosepH KOHLERs, die andere aus der des Unterzeichneten
— vor dem Erlaß des Urteils vom 14. II. 11 abgefaßt, gelangen zu dem
Ergebnis, daß eine völkerrechtliche Pflicht Englands bestanden hätte,
Savarkar an Frankreich zurückzugeben.
Die höchst bedenkliche Auslegung, die England dem Art. 23h der
Haager Landkriegsordnung zuteil werden läßt, wird an der Hand des
Oppenheim-Greyschen Briefwechsels von KOHLER (S. 384—393), die Anzi-
lottische 'Theorie die „völkerrechtliche Bedeutung staatsrechtlicher Be-
schränkungen der Staatsoberhäupter beim Anschluß von Staatsverträgen‘“
von SCHÖN (S. 400—431) in scharfsinniger und fast durchweg zutreffender
Weise kritisiert.
Auf einige weitere Aufsätze sei noch verwiesen. Ich nenne hier
KoHLeErs Arbeit aber die Dardanellenfrage (S. 187—194), OVERBECKS
SF
1 So wird (8. 271) das Küstenmeer als Staatsgebiet bezeichnet; S. 381
wird übersehen, daß Antwerpen schon lange — freilich entgegen dem
Art. .15 des ersten Pariser Friedens — ein stark befestigter Hafen ist.
Eigenartig berührt es, daß der Verfasser in dem spärlichen Literaturver-
zeichnis ein Buch zitiert, das bisher in völkerrechtlichen Abhandlungen
nicht zu figurieren pflegte. Es ist das ScHwARrz’ Völkerrecht, ein für
Examenszwecke bestimmtes Büchlein.