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gewordenen Tatsachen erneut aufzurollen, nur auf die denkwürdigen Vor-
gänge des Jahres 1808/09, insbesondere die Bedeutung des Borgaer Land-
tages soll in folgendem etwas näher eingegangen werden.
Bis zum Jahre 1808 war Finnland, sieht man von einigen bereits in
den Friedensinstrumenten von 1722 und 1743 an Rußland abgetretenen
einen Teil der späteren Provinz Wiborg ausmachenden, kleineren Gebieten
ab, ein integrierender Bestandteil des Königreichs Schweden, eine schwe-
dische Provinz gewesen. Als nun im Jahre 1808 der russisch-schwedische
Krieg ausbrach, erklärte Kaiser Alexander I. von Rußland, nachdem die
schwachen finnischen Truppen geschlagen, in einer Deklaration an die eu-
ropäischen Mächte und in einem Manifest an die Finnländer die Besitz-
nahme des Landes. Es schien, als habe Finnland nur den Herrn vertauscht,
als sollte es aus einer schwedischen zu einer russischen Provinz werden.
Doch bereits in einem Manifest an die Bewohner Finnlands vom 17./5. Juni
1808 erklärte der Zar, daß die alten Gesetze und Vorrechte Finnlands hei-
lig gehalten werden sollten. Weiterhin berief er kurz darauf nach den
Gesetzen, die bisher hiefür maßgebend gewesen waren, einen Landtag Finn-
lands nach Borga, zu dessen Eröffnung er sich persönlich dorthin begab.
Alsbald nach seiner Ankunft 15./27. Mai 1809 erließ er eine Versicherung
an die sämtlichen Einwohner Finnlands, in der es heißt: „Nachdem Wir,
mit dem Willen der Vorsehung, das Großfürstentum Finnland in Besitz ge-
nommen, so haben Wir die Religion und de Grundgesetze des Lan-
dessamt den Privilegien und Rechten, die ein jeder Stand im
erwähnten Großfürstentum für sich, und alle dessen Einwohner überhaupt,
sowohl höhere wie niedere, gemäß der Konstitution genossen,
hiermit bestätigen und befestigen wollen: Gelobend alle diese Vor-
teile und Verfassungen fest und unverrückt in ihrer vollen Kraft zu be-
wahren. Und bei der Eröffnung des Landtages erklärte er ausdrücklich
in seiner französischen Ansprache: „J’ai promis de maintenir votre consti-
tution, vos lois fondamentales.“ Nachdem dann die feierliche Eides-
leistung der Stände in der alt hergebrachten Form des schwedischen Land-
tagsgesetzes von 1442 erfolgt war, erließ der Kaiser am 4. April/23. März
1809 eine „Kundmachung an sämtliche Einwohner“ Finnlands des Inhalts,
daß der Kaiser, indem er die Stände Finnlands zu einem allgemeinen Land-
tage versammelt und ihren Eid der Treue empfangen, bei dieser Gelegen-
heit durch eine feierliche, im Heiligtum des Höchsten verkündete Akte die
Religion und Grundgesetze des Landes bestätigt habe, und daß er den Eid
der Stände als für alle Einwohner Finnlands verbindlich ansehe. — Kurz
nach diesen Vorgängen erhielt die Endigung der Zugehörigkeit Finnlands
zu Schweden ihre völkerrechtliche Sanktion. Denn Art. IV des Frederiks-
hammer Friedens vom 17. September 1809 bestimmt: „Ces gouvernements
En appartiendront desormais en toute propriete et Souverainite &
Empire de Russie et lui resteront incorpores.“ Mit dieser Bestimmung
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX, 9.