Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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sollte aber wie ERICH zutreffend betont und was, scheint mir, bei rich- 
tiger Erfassung von Völkerrecht und Landesrecht eigentlich überhaupt 
nicht zweifelhaft sein könnte, lediglich die völkerrechtliche Seite 
der Vorgänge von 1808/09 geregelt werden ®. Drücken wir es schärfer aus, 
so war jede staatsrechtliche Regelung, die der Kaiser von Rußland in Finn- 
land vornahm, gleichgültig, ob dieses vollkommen in Besitz genommen 
war, oder nicht, dadurch bedingt, daß der spätere Friedensvertrag die Ge- 
biete, in denen er diese Regelung traf, ihm überließ *. Keineswegs aber 
sollte der Friedensvertrag über die staatsrechtliche Stellung Finn- 
lands® irgendwelche Bestimmungen treffen. War nun aber diese Ab- 
tretung geschlossen, so war es natürlich nunmehr im Effekt juristisch voll- 
ständig gleichgültig, ob die staatsrechtliche Regelung jetzt erst erfolgt, oder 
bereits zu einem früheren Zeitpunkt erfolgt war, da jedenfalls die Abtre- 
tung Finnlands an Rußland die Mängel der früher bereits stattgehabten 
Ordnung der Dinge legalisierte.e Welche Bedeutung hatten nun aber die 
oben erwähnten Vorgänge? Es kann hier nicht meine Aufgabe sein, mich 
mit den zahlreichen Meinungen auseinanderzusetzen, die in dieser Richtung 
geäußert worden sind und die überhaupt nur insoweit Beachtung verdienen, 
als sie ihnen nicht, wie es von verschiedenen russischen Schriftstellern ge- 
® Mit — lediglich — völkerrechtlicher Wirkung wäre es natürlich 
möglich gewesen, auch über die innere Ordnung des Landes Bestimmungen 
zu treffen. Die Völkerrechtsgeschichte kennt ja eine ganze Reihe von Fäl- 
len, in denen durch Staatsverträge Abmachungen über eine bestimmte 
Staatsform getroffen wurden. In concreto begnügte man sich aber mit der 
nackten Abtretungserklärung, wie sie oben zitiert ist. Uebrigens enthält 
der Art. IV auch einen Schlußpassus, in dem nochmals zum Ausdruck 
kommt: „Sa Majeste ’Empereur de toutes les Russies ayant donne dejä les 
preuves les plus manifestes de la cl&mence et de la justice, avec lesquelles 
Sa Majeste a resolu de gouverner les habitants des pays qu’Elle vient 
d’acquerir, en les assurant genereusement et d’un mouvement spontane du 
libre exercice de leur religion, de leurs droits de propriete et de leurs 
privile&ges, Sa Majeste Suedoise se voit par la dispensee du devoir, 
d’ailleurs sacre, de faire des reservations lä-dessus en faveur de ses an- 
ciens sujets.“ Schief KORKUNOFF S$. 28, ferner die russischen Proteste bei 
KUPLEWASKY S. 31. 
* (ut BORNHAK a. a. O. S. 385; HEILBORN in Stier-Somlos Handbuch 
des Völkerrechts, Bd. I, Abt. I (1912) S. 7; vgl. auch HABERMANN, Der 
Stolypinsche Gesetzentwurf I, S. 41; auf die von letzterem Autor heraus- 
gegebenen Materialien muß ebenso wie auf die Londoner Beschlüsse ein 
für allemal verwiesen werden. 
5 Unrichtig: Fıster, Finland and the tsars, p. 52 (bei ErıcH, Droit de 
la Finlande p. 6).
	        
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