Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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überein. Nicht einmal die Entscheidungen des gleichen Gerichtes 
tun dies. Und wenn sie es eine Zeitlang tun, so bildet häufig 
die Wissenschaft den Störenfried und stößt eine ständige Praxis 
um. Die Ursachen der Verschiedenheit der Rechtsprechung sind 
zahlreich. Sie liegen zum Teil auf dem Gebiete der Richteraus- 
bildung und Auslese. Zum Teil rühren sie auch davon her, daß 
die Prozeßgesetze mit ihren Formvorschriften durch irgendwelche 
Zufälligkeiten zu entgegengesetzten Entscheidungen führen. Aber 
es gibt noch mehr der Gründe, die hier nicht interessieren. 
Der Umstand, daß die Rechtsprechung in ihren Ergebnissen 
schwankt, ist aber energetisch von größter Bedeutung, und zwar 
in rein formaler Hinsicht, ohne Beziehung auf den materialen und 
qualitativen Inhalt der Rechtsprechung. Es wird nämlich durch 
das Schwanken die Rechtssicherheit, die Rechtseinheit gefährdet 
und damit die Möglichkeit, das Ergebnis eines bevorstehenden 
Prozesses vorauszusehen. Gerade in dieser Voraussicht der Fol- 
gen und der darauf gebauten friedlichen Regelung sahen wir aber 
mit OSTWALD und HARTZFELD ein sehr wesentliches energe- 
tisches Moment im Sinne des sozialen, des Kulturfortschrittes. 
So verhängnisvoll die Ueberproduktion von Entscheidungen 
auf einem bestimmten Gebiete besonders dann ist, wenn die Er- 
gebnisse in Raum und Zeit nicht miteinander übereinstimmen, so 
schwerwiegend ist auf der anderen Seite der schon berührte Um- 
stand, daß es überhaupt nur immer eine kleine Auslese „schlech- 
ter* Gesetze ist, die des Vorzuges einer bessernden Rechtsprechung 
teilhaftig werden. Die Gerichte können die Gesetze sich nicht 
heraussuchen, sondern müssen den Stoff entgegennehmen, der 
ihnen zufällig gebracht wird, zufällig natürlich nur im rechtspoli- 
tischen, nieht im wirtschaftlichen Sinne. 
Es bleibt nun, bevor auf ZEILERS Auslegungsgerichtshof 
eingegangen werden soll, nur noch kurz zu erwähnen übrig, daß 
die Gesetzgebung die hier erforderliche Arbeit aus technischen 
und energetischen Gründen nicht leisten kann, obwohl sie zwei-
	        
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