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im einzelnen zahlreiche Geister mitarbeiten und das Gute und
Zweckmäßige bald hier, bald da genommen wird, woher es auch
kommen mag.
Nur noch einige grundsätzliche Bemerkungen mögen den Ab-
schluß dieser Untersuchung bilden.
Wenn auch ZEILER einen Auslegung s gerichtshof begrün-
den will, so zeigen doch seine Ausführungen, daß er diesem Ge-
richtshofe nicht nur die Auslegung der Gesetze in dem oben er-
örterten Sinne zuweist. Wie wir oben sahen, kann man unter
Auslegung im Grunde nur die technische Erläuterung eines for-
mal mangelhaften Gesetzes verstehen, die Erklärung, die Verdeut-
lichung eines Gesetzesinhalts, der zwar in der Gesetzesnorm ver-
borgen liegt, aber technisch nicht klar zum Ausdruck gekommen
ist. Der Gerichtshof aber, der uns not tut und den auch ZEILER
ersehnt, soll sich auch mit den inhaltlich mangelhaften Ge-
setzen beschäftigen, soll also auch Lücken ausfüllen und somit
neues Recht schaffen’. Immerhin ist einmal zur Vermeidung
von Mißverständnissen und sodann auch aus sprachlichen Gründen
die einfache und kraftvolle Bezeichnung „Rechtshof“* dem wenig
schönen „Auslegungsgerichtshof“ vorzuziehen.
Eine Konsequenz des ZEILERschen Vorschlages ist freilich
nicht abzuweisen: der neue „Bechtshof* würde praktisch eine
Gesetzgebungstelle sein, seine Sprüche wären de facto Rechts-
normen, und er selbst hätte die Kraft, das geltende Recht zu
ändern, denn jede Ergänzung eines bestehenden Gesetzes, jede
Lückenausfüllung bedeutet eine Rechtsänderung. Es liegt kein
Grund vor, dieser Konsequenz aus dem Wege zu gehen oder vor
ihr zurückzuschrecken. Die technische Art, wie bei uns und in
? ZEILERsS Stellungnahme zu dem Begriffe „Auslegung“ ist nicht ganz
klar. Vgl. Gerichtshof für bindende Gesetzesauslegung 8. 37 fg., responsa
prudentium 8. 378 ff.
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX. 4. 35