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Nach dem Inhalte des Mandates hat der Abgeordnete im Ge-
samtinteresse tätig zu sein. Es liegt also ein Mandat im Inter-
esse der Gesamtheit und nicht speziell des Wahlkörpers vor®.
Der Abgeordnete tritt in den Dienst der Gesamtheit. Es entsteht
ein Ööffentlichrechtliches Dienstverhältnis zwischen dem Abgeord-
neten und den übrigen Staatsbürgern. Dieses Verhältnis ist aber
kein Vertragsverhältnis ”.
Die Willenserklärungen, die der Abgeordnete im eigenen
Namen abgibt, sind rechtliches Können. Der Abgeordnete kann
Handlungen mit Rechtswirkung vornehmen (Stimmabgabe usw.).
Dieses rechtliche Können in Verbindung mit den bezüglichen
Pflichten bildet das Amt des Abgeordneten. Das Amt wird nicht
vom Wahlkörper direkt erteilt, sondern von der Verfassung an
das Mandat geknüpft. Das Amt ist in abstracto bereits da; die
Wahl zum Abgeordneten bildet den Titel für den Eintritt in den
Rechte- und Pflichtenkreis, aus welchem das Amt besteht'!‘. Der
Eintritt geschieht ipso jure, eine Uebertragung durch besonderen
Akt findet nicht statt".
® Mandatum aliena gratia.
® Wie beim privatrechtlichen Mandate zugunsten dritter der Mandatar
in ein Dienstverhältnis, aber nicht in ein Dienstvertragsverhältnis zu dem
tertius tritt, so steht der Deputierte in einem Dienstverhältnisse, aber nicht
in einem Vertragsverhältnisse zur Gesamtheit. Ducuıt a. a. O. I S. 339
erklärt den Umstand, daß der Deputierte im Gesamtinteresse tätig zu sein
hat, damit, daß das Mandat vom ganzen Volke und nicht bloß vom Wahl-
körper ausgehe. Dies ist aber Fiktion.
10 LABAND, Archiv für öffentliches Recht Bd. 12 S. 280 bemerkt, daß,
wenn man auf den Gewählten den Begriff des Mandates anwenden könnte,
nicht der Wähler, sondern der Staat als Mandant zu denken wäre; der
Staat betraue den Deputierten mit Geschäften, nicht der Wähler. Es ist
aber doch der konkrete Wahlkörper, welcher gemäß verfassungsmäßigem
Rechte den Abgeordneten beruft. Allerdings erteilt er nicht das Amt mit
Rechten und Pflichten, er betraut den Abgeordneten nicht mit den Ge-
schäften eines solchen, wohl aber schafft er mit seiner Mandatserteilung
den Tatbestand, auf Grund dessen die Verfassung dem Gewählten die Ab-
geordnetenrechte erteilt.
11 Die Validierung der Wahl hat deklarativen, nicht konstitutiven
Charakter.