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Die Gründung des Norddeutschen Bundes schien der preußischen
Regierung der geeignete Moment, um die Frage der Heeresorgani-
sation in ihrem Sinne zu lösen. Es war nicht zu leugnen, daß
der König das Beste des Vaterlandes erstrebt und erreicht hatte,
als er entgegen dem Willen der 2. Kammer das Heer verstärkte ;
das hatte der siegreiche österreichische Krieg erwiesen. Es lag
daher nichts näher als der Schluß, daß Einflüsse des Parlamentes
auf das Heer nur eine Gefahr für dieses bedeuten könnten.
Solchen Einflüssen sollte jedenfalls die Armee des zu gründenden
Bundes entzogen werden. Auf diesen Motiven beruhte der Re-
gierungs-Entwurf zur Norddeutschen Bundesverfassung, der die
geplante Bundesarmee durch Versagung auch des Budgetbewil-
ligungsrechtes für diese vollständig der Einwirkung des Reichs-
tages entzog. Die Volksvertreter hoffte man zur Annahme des
Entwurfs durch den Hinweis auf die Erfahrungen des letzten
Krieges geneigt zu machen.
In dieser Hoffnung hatte man sich indessen getäuscht. Die
Beratungen des Reichstages über den Verfassungsentwurf ließen
klar erkennen, daß die liberalen Parteien, die die Mehrheit be-
saßen, ihre Anschauungen in der Militärfrage nicht geändert
hatten, und daß auch der Hinweis auf die Erfolge des preußischen
Heeres im Jahre zuvor und auf die noch bevorstehenden Kämpfe
sie nicht dazu vermochte, von den Rechten, die die Volksver-
tretung in Bezug auf die Armee bisher in den meisten Staaten
besessen hatte, auch nur einen Teil für die Einigkeit Deutsch-
lands zu opfern. Einmütig erhoben sich die links stehenden
Parteien gegen den Versuch, in dem neuen Bundesstaate den
Absolutismus für die Armee zu konstituieren, und erklärten offen,
daß sie trotz aller Bereitwilligkeit, an dem großen Einigungs-
werke mitzuhelfen, eine Verfassung ablehnen müßten, in der die
Einwirkung der Volksvertretung auf die Armee so vollständig
ausgeschaltet sei, wie dies in dem Verfassungsentwurfe geplant war.
Diese negative Forderung war aber auch das Einzige, worin