— 590 —
KEingehendere Behandlung soll die hochbedeutsame Frage in anderem Zu-
sammenhange später erfahren.
Von den sonstigen theoretischen Ausführungen SCHÜCKINGs mag hier
nur noch kurz auf die Frage eingegangen werden, ob in der Tat auch der
Cour de justicale arbitrale und dem Prisenhof Schiedsgerichtsnatur zuge-
billigt werden muß oder ob wir es hier, trotzdem ein übergeordnetes Rechts-
subjekt fehlt, mit echter Gerichtsbarkeit zu tun haben. Das führt gleich-
zeitig zur Auseinandersetzung mit Ausführungen WEHBERGs. Während
nämlich letzterer den Hauptunterschied zwischen Schieds- und echter Ge-
richtsbarkeit hauptsächlich darin erblicken will, daß ersterer eine Ent-
scheidung nach Billigkeit, letzterer eine solche nach strengem Recht eigen-
tümlich sei, erblickt ScHückIne das Kriterium der Schiedsgerichtsbar-
keit in der freien Bestimmung der Schiedsrichter durch die Parteien, das
der ordentlichen Gerichtsbarkeit in dem Mangel der Einwirkung der Streit-
teile auf die Besetzung des Gerichts. Letztere Auffassung ist die allein
richtige. Damit soll nicht gesagt sein, daß nicht die Parteien die Macht
hätten, ihren Schiedsrichtern zu gestatten, nicht nach den Sätzen des
Rechts sondern als amiables compositeurs wie der code civil (Art. 1019)
sagt (der subsidiär gleichfalls eine Vermittlertätigkeit der Schiedsrichter
kennt), zu entscheiden.
Wesentlich für den Begriff der Schiedsgerichtsbarkeit ist aber ein-
zig und allein die Art der Bestellung’; entscheiden sollen Schiedsrichter
wie andere Richter nach Recht unter billiger Berücksichtigung aller Um-
stände. Ist es nun aber zutreffend, wenn SCHÜCKING, wie POHL und früher
schon JELLINEK !° auch den Prisenhof und die projektierte Cour de justice
arbitrale als Schiedsgericht bezeichnet? Richtig ist jedenfalls, daß auch
letztere lediglich dem Vertragswillen '! der Signatäre ihre Existenz
verdanken werden. Und man war, wie der Name „Cour de justice arbi-
trale“ und die Geschichte der entsprechenden Kommissionsberatungen
der Il. Friedens-Konferenz beweisen, auch im Haag wegen dieses Ent- und
Bestehens und aus Furcht, man müsse sonst zur Anerkennung eines diese
Gerichte einsetzenden Rechtssubjektes gelangen, derselben Ansicht.
Praktisch ist die Frage jedenfalls aus dem Grunde nicht, weil feststeht,
daß, auch wenn die eben skizzierte Auffassung richtig sein sollte, doch jeden-
falls bei den beiden neuen Gerichten eine vermittelnde Entschei-
» Vgl. übrigens die beachtenswerten Ausführungen BORNHAKS in Schul-
zensteins Zeitschrift für Zivilprozeß. Bd. XXX (1902) S. 1ff., bes. S. 13,
18, 32 und BunseEn eod. XXXV 412, 413.
10 Staatenverbindungen S. 177: „....... „ein Bundesgericht im Staaten.
bund hat den Charakter eines permanenten Schiedsgerichts; es ist und
bleibt ein gewillkürtes Gericht.“
1! Ausgezeichnet SCHÜCKInG S. 116, 117.