Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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hörigkeit und Klassenzugehörigkeit. Ihr Schwergewicht und ihre über den 
Rahmen des besonderen österreichischen Sozialversicherungsrechts hinaus- 
gehende Bedeutung liegt in den Abschnitten IV—VI. 
In Abschnitt IV untersucht Verfasser die Frage, ob die Entscheidungen 
über Versicherungspflicht, Versicherungsberechtigung, Mitgliedschaft, An- 
staltszugehörigkeit und Klassenzugehörigkeit der materiellen Rechtskraft 
fähig sind. Er bejaht sie unter Anerkennung der Mangelhaftigkeit von 
BERNATZIKsS Rechtskraftlehre (S. 18), aber doch unter grundsätzlicher Ab- 
lehnung der gegenteiligen Lehren von MENZEL und TEZNER. Die Polemik 
gegen die in der österreichischen Praxis herrschende Unterscheidung 
zwischen „reinen Parteistreitsachen® und der Frage der Versicherungs- 
pflicht mag zutreffen; doch vermisse ich den m. E. für die Frage der Rechts- 
kraftfähigkeit von Verwaltungsakten entscheidenden Gesichtspunkt, den 
ich in dem Charakter des Verwaltungsaktes als eines „Formalakts“ suche 
(vgl. KoORMANnN, Grundzüge eines allgemeinen Teils des öffentlichen Rechts, 
in Annalen des Deutschen Reichs 1912, S. 211). Hervorzuheben sind die 
Bemerkungen S. 21, 22 über das Wesen der materiellen Rechtskraft, auch 
S. 25, wo die Frage der Urteilsnichtigkeit wenigstens gestreift wird. 
In Abschnitt V behandelt der Verfasser die Frage, ob Anträge auf 
Feststellung der rechtlichen Zustandsverhältnisse statthaft sind. Er bejaht 
sie S. 27 für den Fall des Nachweises eines rechtlichen Interesses. Für 
das Reichsrecht hatte ja auch Rosın sich auf den gleichen Standpunkt ge- 
stellt, und es mag sein, daß er richtig ist. Aber bei der Zweifelhaftigkeit 
der Frage hätte er doch wohl eine etwas eingehendere Erörterung ver- 
dient; der Satz S. 26: „Die Statthaftigkeit von Feststellungsanträgen im 
Verwaltungsrecht im allgemeinen folgt wohl schon daraus, daß sie vom 
Gesetze nicht verboten sind“ wird jedenfalls dem, der an das preußische 
Verwaltungsstreitverfahren denkt, nicht so sehr überzeugend erscheinen. 
In Abschnitt VI prüft der Verfasser die Frage, ob Entscheidungen über 
Präjudizialpunkte materiell rechtskräftig werden. Er kommt dabei zu dem 
wohl zutreffenden Ergebnis. daß diese Frage insoweit zu bejahen ist, als 
die entscheidende Behörde zur Entscheidung der Präjudizialpunkte auch 
zur Hauptsache zuständig ist (S. 41), wofern ihr Wille auf rechtskräftige 
Feststellung jener Punkte gerichtet war (S. 41, 42), was man bei Vorliegen 
einer ihr bekannten früheren rechtskräftigen Entscheidung nicht annehmen 
dürfe (S. 42, 43). 
Der Verfasser kommt hiernach durch seine theoretischen Darlegungen 
im wesentlichen zu dem gleichen Ergebnis, das für das (von ihm leider 
nicht berücksichtigte) Reichsrecht nunmehr in RVO. 405, Abs. III, Satz 1 
für das Krankenversicherungsrecht positiv anerkannt worden ist, 
Kormann.
	        
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