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hörigkeit und Klassenzugehörigkeit. Ihr Schwergewicht und ihre über den
Rahmen des besonderen österreichischen Sozialversicherungsrechts hinaus-
gehende Bedeutung liegt in den Abschnitten IV—VI.
In Abschnitt IV untersucht Verfasser die Frage, ob die Entscheidungen
über Versicherungspflicht, Versicherungsberechtigung, Mitgliedschaft, An-
staltszugehörigkeit und Klassenzugehörigkeit der materiellen Rechtskraft
fähig sind. Er bejaht sie unter Anerkennung der Mangelhaftigkeit von
BERNATZIKsS Rechtskraftlehre (S. 18), aber doch unter grundsätzlicher Ab-
lehnung der gegenteiligen Lehren von MENZEL und TEZNER. Die Polemik
gegen die in der österreichischen Praxis herrschende Unterscheidung
zwischen „reinen Parteistreitsachen® und der Frage der Versicherungs-
pflicht mag zutreffen; doch vermisse ich den m. E. für die Frage der Rechts-
kraftfähigkeit von Verwaltungsakten entscheidenden Gesichtspunkt, den
ich in dem Charakter des Verwaltungsaktes als eines „Formalakts“ suche
(vgl. KoORMANnN, Grundzüge eines allgemeinen Teils des öffentlichen Rechts,
in Annalen des Deutschen Reichs 1912, S. 211). Hervorzuheben sind die
Bemerkungen S. 21, 22 über das Wesen der materiellen Rechtskraft, auch
S. 25, wo die Frage der Urteilsnichtigkeit wenigstens gestreift wird.
In Abschnitt V behandelt der Verfasser die Frage, ob Anträge auf
Feststellung der rechtlichen Zustandsverhältnisse statthaft sind. Er bejaht
sie S. 27 für den Fall des Nachweises eines rechtlichen Interesses. Für
das Reichsrecht hatte ja auch Rosın sich auf den gleichen Standpunkt ge-
stellt, und es mag sein, daß er richtig ist. Aber bei der Zweifelhaftigkeit
der Frage hätte er doch wohl eine etwas eingehendere Erörterung ver-
dient; der Satz S. 26: „Die Statthaftigkeit von Feststellungsanträgen im
Verwaltungsrecht im allgemeinen folgt wohl schon daraus, daß sie vom
Gesetze nicht verboten sind“ wird jedenfalls dem, der an das preußische
Verwaltungsstreitverfahren denkt, nicht so sehr überzeugend erscheinen.
In Abschnitt VI prüft der Verfasser die Frage, ob Entscheidungen über
Präjudizialpunkte materiell rechtskräftig werden. Er kommt dabei zu dem
wohl zutreffenden Ergebnis. daß diese Frage insoweit zu bejahen ist, als
die entscheidende Behörde zur Entscheidung der Präjudizialpunkte auch
zur Hauptsache zuständig ist (S. 41), wofern ihr Wille auf rechtskräftige
Feststellung jener Punkte gerichtet war (S. 41, 42), was man bei Vorliegen
einer ihr bekannten früheren rechtskräftigen Entscheidung nicht annehmen
dürfe (S. 42, 43).
Der Verfasser kommt hiernach durch seine theoretischen Darlegungen
im wesentlichen zu dem gleichen Ergebnis, das für das (von ihm leider
nicht berücksichtigte) Reichsrecht nunmehr in RVO. 405, Abs. III, Satz 1
für das Krankenversicherungsrecht positiv anerkannt worden ist,
Kormann.