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wurde der Regierung zwar bis zum 31. Dezember 1871 ein Pro-
visorium zugestanden, während dessen sie frei von der jähr-
lichen Budgetbewilligung über die Armee und ihre Bedürfnisse
sollte verfügen dürfen. Nach dem 31. XII. 1871 sollte aber dann
nach der unausgesprochenen Auffassung der Mehrheit jenes ab-
solute Budgetbewilligungsrecht des Reichstages für die Armee
eintreten, sich äußernd in der Mitwirkung an dem Bundesgesetz,
durch welches für die spätere Zeit die Friedenspräsenzstärke fest-
gesetzt werden sollte Abschnitt XII der Verfassung wurde da-
hin abgeändert, daß der jährlich aufzustellende Etat alle
Einnahmen und Ausgaben des Bundes enthalten müsse. Art. 59
des Entwurfs, heute Art. 63, wurde unverändert angenommen.
In dieser abgeänderten Fassung erschien den verbündeten Re-
gierungen der Entwurf jedoch unannehmbar, da er nach Ablauf
des Provisoriums die wichtigste Einrichtung des Staates, die Ar-
mee, den jährliehen Beschlüssen einer Volksvertretung ausgeliefert
hätte, von der man nieht wußte und wissen konnte, wie sie sich
künftig zu Heeresforderungen verhalten werde. Bei der Schluß-
beratung wurden daher mehrere Anträge gestellt, welche die durch
die Vorberatung gefaßten Beschlüsse umzustoßen oder doch in
ihrer Wirksamkeit abzuschwächen bezweckten. Die Zustimmung
der Mehrheit fand das einen Mittelweg einschlagende Amendement
der Abgeordneten HERZOG VON UJEST und VON BENNIGSEN zu
Art. 62 (58 des Entwurfs), das diesem Artikel drei neue Absätze
hinzufügte, worin der Regierung wenigstens die Einnahmen
für die Armeebedürfnisse nach Ablauf des Provisoriums, dem
3l. XII. 1871, sichergestellt wurden, ähnlich dem Art. 109 der
preußischen Verfassung.
Alle andern Anträge, die die Abänderung der Art. 60 und 62
in eine den Wünschen der Regierung entgegenkommende Fassung
bezweckten, wurden abgelehnt. Es schien zweifelhaft, ob danach
der abgeänderte Entwurf den Regierungen annehmbar erscheinen
würde. Indessen erklärte am 17. April 1867 in ihrem Namen