Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

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dem Haager Abkommen betr. die friedliche Erledigung internationaler 
Streitigkeiten“ (1911) vorgebracht habe, erkenne ich bereits heute als irr- 
tümlich an. Ich behauptete damals, die internationale Polizeimacht sei 
nur die Vorstufe eines Weltbundesstaates und nach ihrer Einführung würde 
die Schiedsgerichtsbarkeit aufhören, auf Freiwilligkeit zu beruhen. SCHÜK- 
KING hat in seinem Buche „Der Staatenverband der Haager Konferenzen“ 
demgegenüber klar gestellt, die Polizeimacht brauche ja nicht notwendig 
Organ eines Weltbundesstaates zu sein; es könne sich ja auch um eine 
Staatenföderation handeln; ferner würde die Schiedsgerichtsbarkeit infolge 
der Polizeigewalt nicht aufhören, freiwillig zu sein, weil die Unterordnung 
unter den Zwang der Exekution auf dem freiwilligen Vertragsschlusse der 
Parteien beruhe, Noch ein zweites Beispiel für die meines Erachtens vor- 
handene Befangenheit hinsichtlich dieses Problems. Ich sprach kürzlich 
einmal mit einem berühmten Gelehrten, der gerade auf dem Gebiete der 
Schiedsgerichtsbarkeit eine der größten Autoritäten des Auslandes ist, über 
den Plan einer Exekutivmacht. Der wußte in der Tat nichts anderes vor- 
zubringen als die Einwendung, die Staaten könnten sich doch nicht einem 
höheren Willen beugen. Und doch liegt ganz offenbar diese Unterwerfung 
unter eine höhere Gewalt gar nicht vor. 
Was nun den Plan vAn VOLLENHOVENs angeht, so ist er meines Er- 
achtens vor allem deswegen zwecklos, weil bisher noch nie ein Schieds- 
spruch mißachtet worden ist. Freilich ist es wohl vorgekommen, daß sich 
ein Staat unter Angabe von Gründen geweigert hat, einen Schiedsspruch 
zu erfüllen. In diesen Fällen war aber die Weigerung stets gerechtfertigt. 
So waren z. B. in einem Prozesse Beweisurkunden gefälscht worden. Mit 
Recht verlangte die unterlegene Partei eine erneute Prüfung der Sachlage, 
die denn auch stattfand. So außerordentlich bedeutsame Konflikte wie die 
Alabama-, Behringmeer-, Venezuela- und Neufundlandfrage sind schließlich 
schiedsrichterlich beigelegt worden, ohne daß die unterlegene Partei die 
Ausführung des Schiedsspruches auch nur einen Augenblick verzögert hätte. 
Wir sehen also, daß die Staaten, die sich einmal einem Schiedsspruche: 
unterworfen haben, auch bona fide darnach handeln. Wenn einige Schieds- 
sprüche nicht ohne weiteres ausgeführt worden sind, so erklärt sich diese 
Tatsache aus formellen Fehlern des früheren Verfahrens. Diese müssen 
beseitigt werden, wenn wir eine unbedingte Erfüllung aller Schiedssprüche 
sichern wollen, und zwar haben wir zu diesem Zwecke vor allem einen 
unparteiischen Gerichtshof, eine Revisionsinstanz und ähnliche Verbesse- 
rungen nötig, die ich in meiner Schrift über „Das Problem eines interna- 
tionalen Staatengerichtshofes“ aufgezählt habe. Tritt man für diese Neue- 
rungen ein, so sorgt man besser für die gesunde Entwicklung der Schieds- 
gerichtsbarkeit, als wenn man alle, auch formell unrichtige Schiedssprüche 
durch einen Polizeibüttel erzwingen läßt. 
In Wahrheit soll ja auch die Verwirklichung des Vorschlages VOLLEN-
	        
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