solchen Gesetzes, durch das die Friedenspräsenzstärke auf Zeit
oder für immer bestimmt wird. Art. 60 der Reichsverfassung
sagt kategorisch: „für die spätere Zeit — nach dem 31. Dezember
1871 — wird die Friedenspräsenzstärke des Heeres im Wege der
Reichsgesetzgebung festgestellt.“ Der Sinn dieser Bestin-
mung war von jeher bestritten. Zunächst herrscht Streit darüber,
ob den Worten „im Wege der Reichsgesetzgebung“ nur durch
ein dauerndes Gesetz ohne Endtermin oder auch durch ein sol-
ches mit Enndtermin, aber auf mehrere Jahre, oder endlich schon
durch das Etatsgesetz genügt wird®. Hauptsächlich aber hat der
Sinn des Wortes „Friedenspräsenzstärke“ selbst mehrere Deutun-
gen erfahren, besonders sein Verhältnis zu dem ın Art. 63 Abs. IV
vorkommenden Worte „Präsenzstand‘“.
Die Mehrzahl der Schriftsteller gibt dem in
Art. 60 genannten Gesetz einen doppelten Sinn. Zunächst sei die
Friedenspräsenzstärke eine Normalziffer für das Budget,
d.h. sie sei bestimmend für den Umfang der finanziellen Leistun-
gen, die Reichstag und Bundesrat bewilligen müßten. (SEIDEL
S. 325 hat dies auf die knappe Formel gebracht: „Die Bundes-
regierungen können vom Reichstage jährlich soviel Verpflegungs-
tage fordern, als die Präsenzziffer mit 365 vervielfacht ergibt“.
Erschöpfen kann diese Formel die finanzielle Bedeutung der Frie-
denspräsenzziffer allerdings nicht. Außer dieser Verpflegung wird
der Reichstag auch die Mittel zur Bekleidung, Ausrüstung usw.
bewilligen müssen.) Zweitens sei die Friedenspräsenzstärke eine
Maximalziffer, in dem Sinne, daß der tatsächliche Bestand
an Mannschaften diese Zahl nicht überschreiten dürfe. Früher
sei diese Maximalziffer eine absolute gewesen, die an keinem
Tage des Jahres tiberschritten werden durfte; seit dem Gesetz
vom 3. August 1893 dürfe die Armee sowohl unter als auch über
diese Ziffer gehen, wenn sie nur im Jahresdurchschnitt diese Zahl
nicht überschreite.
° Vergleiche unten Seite 81ff.