Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 30 (30)

So hält LABAND°® z. B. die oben entwickelte Theorie, nach 
der das Gesetz über die Friedenspräsenzstärke den Maxi- 
mal- (jetzt Durchschnitts-Bestand), der Kaiser aber den 
Effektiv bestand bestimmt, für eine Lösung jedes Widerspruchs 
zwischen Art. 60 und 63 Abs. IV. Daß dies irrtümlich ist, zeigt 
sich gleieh darauf, wenn LABAND bei der Untersuchung, ob das 
Recht des Kaisers zur Bestimmung des Präsenzstandes mit dem 
Fehlen eines Friedenspräsenzgesetzes ebenfalls fortfalle, zu dem 
Ergebnis kommt, daß das kaiserliche Recht auch ohne ein 
Friedenspräsenzgesetz fortbestehe, und daß es jetzt durch dessen 
Schranken nicht mehr beengt, daß vielmehr die Anordnung des 
Kaisers jetzt seiner freien Willensbestimmung überlassen sei. 
Wenn beı dem Fehlen des Friedenspräsenzgesetzes das kaiser- 
liche Recht freier ist als vorher, so muß es doch durch jenes 
Gesetz beschränkt gewesen sein; und wenn man durch die ge- 
setzliche Feststellung der Friedenspräsenzstärke der Bestim- 
mung des Präsenzstandes durch den Kaiser Schranken 
ziehen läßt, so heißt das doch der Bestimmungsart des Art. 60 
vor der des Art. 63 den Vorrang geben. Voraussetzung für die 
Richtigkeit dieser Darstellung des LABANDschen Gedankenganges 
ist, daß LABAND die Beschränkung des kaiserlichen Rechtes nicht 
erst aus den einzelnen Gesetzen über die Friedenspräsenz- 
stärke herausliest, sondern schon aus der Reichsverfassung selbst. 
Da LABAND nicht scharf unterscheidet zwischen dem Zeitpunkt 
des Inkrafttretens der Verfassung und der Zeit seiner Betrachtung, 
ist dies nicht klar ersichtlich. Daß die hier gegebene Darstellung 
seiner Idee indes zutreffen dürfte, ergibt sich wohl daraus, daß 
er ®® sagt: Der richtige Sinn des Art 63 Abs. IV sei, daß 
der Kaiser befugt sei, den Präsenzstand niedriger als das 
Gesetz zu bemessen. 
Damit ist klar gesagt, daß die beiden Bestimmungsarten des 
®8 Band IV S, 87. 
n. 87. 
Archiv des öffentlichen Rechts. XXX. 1/2. 5
	        
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