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kommt zunächst das Gesetz vom 9. November 1867 be-
treffend die Verpflichtung zum Kriegsdienste. Es enthält in der
Hauptsache die nähere Regelung der Wehrpflicht. Nach $ 6 be-
trägt die Dienstpflicht im stehenden Heere sieben Jahre, hiervon
sind drei Jahre bei den Fahnen zuzubringen; „während des Restes
der siebenjährigen Dienstzeit sind die Mannschaften zur Reserve
beurlaubt, insoweit nicht die jährlichen Uebungen, notwendige
Verstärkungen oder Mobilmachungen des Heeres die Ein-
berufung zum Dienst erfordern“. Aus dieser Bestimmung in Ver-
bindung mit $ 8 des Gesetzes hat eine Anzahl Schriftsteller eine
Erweiterung der aus der Verfassung entspringenden kaiserlichen
Rechte zur Bestimmung des Präsenzstandes entnommen. Der Auf-
fassung der gesetzlichen Friedenspräsenzziffer als einer Maximal-
ziffer würde es allerdings entsprechen, in dem Recht, über diese
Ziffer hinaus notwendige Verstärkungen einzuberufen, eine Erwei-
terung der kaiserlichen Rechte aus Art. 63 Abs. IV zu sehen.
Es ist BROCKHAUS *° zwar darin Recht zu geben, daß aus
den zwei Worten „notwendige Verstärkungen* in diesem Zu-
sammenhange nicht ohne weiteres geschlossen wer-
den kann, daß der Kaiser durch Einberufung von Reserven auch
die Friedenspräsenzstärke überschreiten dürfe.
Beides läßt sich wohl trennen. Die Beratungen des Wehrgesetzes
im Reichstage des Norddeutschen Bundes ergeben aber, daß diese
zwei Worte in $ 6 Abs. V „notwendige Verstärkungen“ als der
Kernpunkt des ganzen Gesetzes aufgefaßt wurden. Insbesondere
der Berichterstatter LASKER *® wollte diese Worte gestrichen ha-
ben, weil sie den Anschein erweckten, als ob der Kaiser das Recht
habe, das er aus der Verfassung noch nicht herleiten könne, den
Präsenzstand des Heeres über die gesetzliche Stärke hinaus zu er-
höhen. Dieses Recht schrieb ihm nach Art. 63 IV offen der Ab-
#5 8. 46, 49.
# Stenographische Berichte 1867 I. Band 8. 479.