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schied, daß die Erklärung der Regierung sich auf ein zu schaffen-
des Gesetz bezog, während jene Theorie aus dieser Erklärung
rückwärtsschließend die Reichsverfassung auszulegen versucht.
Daß ein solcher Versuch falsch sein muß, weil er zu Wider-
sprüchen in der Verfassung führt, ist bereits dargetan worden.
Hier kann es sich nur darum handeln, ob die Gesetz gewordene
Fassung des & 1 des Militärgesetzes eine Auslegung im Sinne der
Regierungserklärung zuläßt. Daß diese Fassung eine organisa-
torische Bedeutung des Begriffs „Friedenspräsenzstärke“ aus-
sehlösse kann man nicht behaupten. Ebensowenig kann man
aber eine solche Bedeutung mit Sicherheit daraus entnehmen.
Es mag indessen zugegeben werden, daß die Beratungen eine so
allgemeine Uebereinstimmung über die Bedeutung der Feststellung
der Friedenzpräsenzstärke durch dieses Gesetz ergeben, daß es zu-
lässig ist, dem $ 1 des Militärgesetzes tatsächlich den organisa-
torischen Inhalt zuzuschreiben, den er nach der Regierungserklä-
rung haben sollte, nämlich die Feststellung einer den Kaiser bin-
denden Maximalziffer.
Es mag hier übrigens schon betont werden, daß es praktisch
ziemlich gleichgültig ist, ob man den einzelnen Friedenspräsenz-
gesetzen eine die kaiserlichen Rechte einschränkende Bedeutung
geben will oder nicht, wenn nur anerkannt wird, daß nach der
Reichsverfassung der Kaiser in der Bestimmung des Prä-
senzstandes nur durch das Budget beschränkt, im übrigen jedoch
frei ist. Solange ein Friedenspräsenzgesetz besteht, dürfte es
kaum vorkommen, daß der Kaiser im Frieden die gesetzliche Prä-
senzziffer anders als durch Einberufung von Reservisten über-
schreiten sollte, zu der er ja nach $ 6 des Wehrgesetzes berech-
tigt ist.
S 2 des Militärgesetzes stellte die Zahl und Art der Cadres
fest. Daß diese Feststellung organisatorische Bedeutung habe,
wird allgemein anerkannt; dem kann auch zugestimmt werden,
wenngleich die gesetzliche Bestimmung der Cadres auch schon