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lung mit der Rechtsform nichts zu tun hat. Die Eigenschaft,
ein Herrschaftsverhältnis zu sein, sagt über die Besonderheit
des Rechts verhältnisses gar nichts aus. Denn das Herr-
schaftsmoment ist keine Qualität, die einem Verhältnis an-
haftet, sofern oder weil es Rechts verhältnis ist. Das
Recht verleiht die Qualität der Herrschaft ebensowenig, wie
es die Qualität des Goldes bei einem Eigentumsrecht verleiht,
das einen Goldgegenstand zum Inhalt hat; die Rechtsordnung
verleiht die Herrschaftsqualität nicht so, wie es die Qualität
der Person oder die des Rechtsverhältnisses verleiht. Die
Herrschaftsqualität ist keine Rechtsqualität. Herrschaftsver-
hältnis ist das fragliche Verhältnis auch ohne Rechtsordnung,
auch außerhalb der Rechtsordnung. Und die Rechtsverhält-
nisse in Herrschaftsverhältnisse und Nicht-Herrschaftsverhält-
nisse einzuteilen, bedeutet ebensowenig eine juristische, rechtlich
relevante Einteilung derselben, wie es keine geometrische Ein-
teilung der Kugeln ist, die sie nach ihrem Stoff, Metall oder
Holz usw. unterscheidet. Daß die Rechtsqualität aber tatsäch-
lich nicht im Inhalt, sondern ausschließlich in der Form der Be-
ziehungen besteht, und zwar in der durch die Relation zur
Rechtsordnung gegebenen Form, daß Rechtsverhältnis nicht
ein rechtlich qualifiziertes Verhältnis, sondern nur die recht-
liche Qualifikation eines Verhältnisses ist, und lediglich ein
unpräziser Sprachgebrauch das Ganze mit einem Begriff erfaßt,
der nur einen Teil, nur eine Eigenschaft des Ganzen aussagt
— totum pro parte — das wird sofort selbstverständlich, wenn
man sich vergegenwärtigt, daß all die Lebensverhältnisse, die
eine unpräzise Terminologie in toto als Rechtsverhältnisse er-
klärt, an sich auch ohne Rechtsordnung, ganz außerhalb alles
Rechtsbereiches möglich sind, daß die Rechtsordnung diese
Verhältnisse und insbesondere die Herrschaftsverhältnisse nicht
schafft, sondern nur vorfindet und nur zu Rechtsverhältnissen