— 97 —
mitunter in einer Formulierung auf, die den Anforderungen
formal-juristischer Konstruktion mehr zu entsprechen scheint,
als jene, die direkt den spezifischen Inhalt des Rechtsverhält-
nisses als ausschlaggebend erklärt. Als öffentliches Recht be-
zeichnet man zum Unterschiede vom Privatrechte jenes, welches
ein Verhältnis regelt, in welchem notwendig der Staat (oder
ein anderes Rechtskollektivum) als Subjekt erscheint. Dabei
setzt man voraus, daß es ein spezifisches Herrschaftsverhältnis,
das Imperium, ist, das notwendig den Staat zum Subjekt hat.
Es ist im Grunde die alte Herrschaftstheorie, die hier in forma-
listischem Gewande wiederkehrt. Alle Einwände gegen diese
können also auch hier geltend gemacht werden. Ich brauche
mich nur auf Widerlegung der Formel zu beschränken.
Und da ist denn zunächst hervorzuheben, daß es überhaupt
keine vom Rechte geregelte Beziehung gibt, in welcher der Staat
als Rechtssubjekt (d. h. der Rechtsordnung unterworfenes
Subjekt) natur- oder begriffsnotwendig erscheinen muß. Auch
die Rechtsschutzbeziehung, an die ja hier vornehmlich gedacht
wird, die Pflicht und das Recht zu strafen oder zu exequieren,
muß von der Rechtsordnung nicht notwendig, d. h. in allen
Fällen ausnahmslos dem Staate zuerkannt werden. Die Rechts-
ordnung kann auch dem einzelnen, dem Verletzten selbst die
Exekutions- und Straffunktion übertragen. Siekann es, hat
es früher in gewissen Fällen getan, tut es aber heute faktisch
nicht. Der Staat hat das Straf- und Exekutionsmonopol.
Wenn aber die Rechtsordnung dem Staate das Branntwein-,
Tabak- oder Salz-Verkaufsmonopol einräumt, und sie
kann dies natürlich ohne weiteres tun und tut es auch heute
nicht selten, dann wäre nach der oben zitierten Formel das
Rechtsverhältnis eines Salz-, Tabak- oder Branntweinkäufers
zum verkaufenden Staate ein öffentliches. Denn es ist ein
Rechtsverhältnis, in welchem der Staat notwendig — d. h.
ee
Archiv des öffentlichen Rechts. XXXT. 1. ‘