Full text: Archiv für öffentliches Recht. Band 31 (31)

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anzurufen, auf genau formulierte Tatbestände. Auf der anderen 
Seite aber finden sieh auch Vorschriften, welche über die Ent- 
gegennahme diplomatischer Beschwerden Regeln aufstellen: in 
mittel- und südamerikanischen Staaten, die sich unbequemer Be- 
schwerden mit den buntesten Gesetzesbestimmungen zu erwehren 
suchen. So bestimmt ein venezolanisches Gesetz von 1903: „We- 
der ansässige Ausländer, noch solche, die auf der Durchreise be- 
griffen sind, haben das Recht, diplomatische Vermittlung zu 
beanspruchen, ausgenommen, wenn nach Erschöpfung aller gesetz- 
lichen Mittel vor den zuständigen Behörden offenbar eine Justiz- 
verweigerung vorliegt, oder wenn eine notorische Ungerechtigkeit 
verübt worden ist, sodaß es sich um eine handgreifliche Verletzung 
der Prinzipien des Völkerrechts handelt“; ähnlich eine ganze An- 
zahl anderer Staaten. Wollte man jene venezolanische Bestim- 
mung buchstäblich nehmen, so würde sie den grotesken Versuch 
bedeuten, ihrerseits zu regeln, wann ein Deutscher den diplomati- 
schen Schutz Deutschlands anrufen dürfe. Soll sie erträglichen 
Sinn haben, so wird sie als Verbot anzusehen sein, auf diploma- 
tische Verhandlungen anderen als des bezeichneten Inhalts einzu- 
gehen — an sich ein möglicher Gegenstand für eine bloße Dienst- 
anweisung, aber durch die Gesetzesform zur Staatsangelegenheit 
und damit zum Rechtssatz gestempelt. Die erwähnten Staats- 
verträge des Reiches mit Mexiko, Kolumbien, Bolivien enthalten, 
von der anderen Seite gesehen, eine gleichartige Bestimmung. 
Aber auch die Bestimmung Venezuelas, die dem Fremden Aus- 
weisung droht, der den diplomatischen Schutz seines Heimatstaats 
anruft, die Vorschrift desselben Staats, die fingiert, bei der Ver- 
gebung öffentlicher Arbeiten gelte stets die Klausel als aufge- 
nommen, daß der Unternehmer auf den diplomatischen Schutz 
seines Heimatstaats verzichte, müssen nach den früher behandel- 
ten Einteilungsgrundsätzen als Rechtssätze der auswärtigen Ver- 
waltung angesehen werden. Materiell freilich handelt es sich bei 
allen diesen Bestimmungen darum, eine Haftung des Staats für
	        
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